Translate

Donnerstag, 27. Dezember 2012

Hindernisse mit Fantasie wegräumen

Künstler: unbekannt.
Foto: Elke Linda Buchholz
In diesem Sinne wünschen wir allen Lesern ein kreatives neues Jahr! Das passende Fotomotiv haben wir 2012 in Paris entdeckt.

Sonntag, 16. Dezember 2012

Büchermachen vor 200 Jahren - eine Adventsgeschichte

Erstausgabe der Kinder- und Hausmärchen
der Brüder Grimm, 1812
Weihnachten sollte das Buch fertig sein. Das hatte der Berliner Verleger hoch und heilig versprochen. Aber Anfang Dezember waren noch immer nicht alle Bogen gedruckt. Texte fehlten, an eine Auslieferung des Buches rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft war nicht mehr zu denken. Telefon oder E-Mails gab es nicht, zwischen Berlin und Kassel brauchten Postsendungen einige Tage. Also entschloss sich Georg Andreas Reimer, das Buch ohne Zutun seiner hessischen Herausgeber zu Ende zu drucken und die letzten Korrekturen selber zu lesen. Wenigstens einige Bücher sollten an Weihnachten bei Freunden und Bekannten auf dem Gabentisch liegen, versprochen war versprochen! Wie die Adventsgeschichte um den Erstdruck der Grimmschen Märchen vor 200 Jahren weitergeht, lesen Sie im Tagesspiegel von heute. 

Dienstag, 11. Dezember 2012

Merzbau statt Pantheon: Der neue Lesesaal der Staatsbibliothek Unter den Linden


Der alte Lesesaal
(1914-1944)
Der Kuppellesesaal der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin war ein magischer Ort zwischen den Weltkriegen. „Brennpunkt der Ellipse, die mich hier bannt“, schrieb 1928 Walter Benjamin, einer der Stammkunden, der die Bibliothekare mit ellenlangen Listen fehlender Bücher auf Trab brachte. „Staatsbibliothek, Kaschemme / Resultatverließ, / Satzbordell, Maremme,/ Fieberparadies“, delirierte Gottfried Benn in einem Gedicht und rühmte das „wunderbare Flackern von einem Buch zum andern“.
Das Pantheon der Leser besaß eine größere Kuppel als der Berliner Dom, darunter waren die Leseplätze in Kreisen um eine leere Mitte angeordnet, jeder durch eine Glasschirmlampe bezeichnet. Denn durch die Rosettenfenster strömte nur dämmriges Licht ins Herzstück des neobarocken Bücherpalastes, mit dem Hofbaumeister Ernst von Ihne in zehnjähriger Bauzeit ein ganzes Straßenkarree an der preußischen Siegesallee füllte. 170 Meter lang, 107 Meter breit: Als der alte Lesesaal in Anwesenheit des Kaisers am 22. März 1914 eingeweiht wurde, war das Berliner Bibliotheksgebäude das größte der Welt.

Der neue Lesesaal
(2012)
Durch eine Luftmine im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, stand der Lesesaal noch bis 1975 als Ruine da. Nach dem Totalabriss was Platz für vier Magazintürme, mit denen die Bibliothekare jedoch nie richtig froh wurden. Sie mussten einem neuen Lesesaal des Stuttgarter Architekten HG Merz weichen, der gestern übergeben wurde und ab März 2013 mit Büchern bestückt und für das Publikum geöffnet sein soll.
Dauerbaustelle aber bleibt die Stabi noch länger, weil jetzt erst der Hauptflügel Unter den Linden instandgesetzt wird. So ist es noch nicht möglich, die imposante Raumfolge von der Allee durch den Brunnenhof und das Vestibül hinauf in den neuen Lesesaal abzuschreiten. Durch einen Hintereingang am schon sorgfältig  sanierten Nordflügel gelangen die Leser in ein grusliges Provisorium. Dort wo in ein paar Jahren ein Bibliotheksmuseum kostbarste Bücher und Handschriften präsentieren soll, sind vorerst Katalogrechercheplätze, Garderobe und Besucherschleusen in limonengrün gestrichenen Räumen untergebracht. Die Mitarbeiter, die hier Dienst tun sollen, haben schon gegen die Verbannung in diese giftgrüne Vorhölle protestiert. Die List des Architekten ist klar: Keinen Tag länger als nötig soll dieses Provisorium dauern. Freundlich gegenüber Mitarbeitern und Benutzern ist das aber nicht.

Montag, 10. Dezember 2012

Fotos vom neuen Lesesaal der Staatsbibliothek Unter den Linden

Der neue zentrale Lesesaal mit transparenter
Überdachung vor der Übergabe.
Der neue Lesesaal der Staatsbibliothek Unter den Linden wurde heute an die Bibliothekare übergeben, ab März soll er für die Leser zur Verfügung stehen. Ein Bericht folgt morgen, hier bereits erste Fotos vom Neubau, den der Architekt HG Merz in den historischen Bibliothekskomplex eingebaut hat.

Hinweis: Am Samstag, dem 15. 12. 2012 von 11 bis 18 Uhr findet einmalig ein Tag der offenen Tür in dem Gebäude statt. Danach bleibt es bis März geschlossen! Eingang an der Dorotheenstraße 27.

Freitag, 7. Dezember 2012

Im Licht von Amarna - 100 Jahre Fund der Nofretete - verlängert bis 4. August 2013!


Von Elke Linda Buchholz - Der 6. Dezember 1912 war ein "Duseltag" für den Archäologen Ludwig Borchardt, wie er in sein Grabungstagebuch notiert. Das Stück, das er an diesem Tag aus dem Wüstensand barg, war so ungewöhnlich, dass dem sonst so sachlichen Wissenschaftler die Worte fehlten: "Beschreiben nützt nichts, ansehen", kritzelte er neben eine Handskizze der Büste. Dass an dieser Stelle mit spannenden Funden zu rechnen war, hatte das Archäologenteam bereits vermutet. Unvollendete Skulpturen deuteten darauf, dass sich hier eine Bildhauerwerkstatt befunden haben musste. In einer ehemaligen Abfallgrube stieß man auf eine zerbrochene Pferdescheuklappe aus Elfenbein und entzifferte darauf den eingeritzten Namen des Künstlers: Thutmosis. Er gilt als Schöpfer der Nofretete.

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Kulturpolitik: Bettensteuer für die freie Szene?

Freie Kulturszene in Berlin:
Nachtleben vor den Sophiensälen
Die Idee ist uralt: Schon seit 1507 verlangt Baden-Baden von seinen Gästen eine Kurtaxe. Überall auf der Welt werden Touristen zur Kasse gebeten, um besonderen Service wie saubere Strandtoiletten, sichere Wanderwege oder Kurkonzerte zu finanzieren. Bald soll auch in Berlin eine "City-Tax" eingeführt werden. In der STUTTGARTER ZEITUNG gibt Michael Bienert heute einen Überblick über die Diskussion in Berlin und die Schwierigkeiten mit einer Kulturförderabgabe in anderen Städten.

Montag, 3. Dezember 2012

Mädchenhandel, damals

Das Foto zeigt Paula Waisman, fotografiert 1925 von der Polizei in Danzig. Kurz nach ihrer Hochzeit in Warschau brannte sie mit einem älteren Geschäftsmann durch, nicht ahnend, dass ihr Liebhaber ein Menschenhändler war. Er hatte bereits einen gefälschten Pass für die junge Frau besorgt und ein Visum nach Mexiko eintragen lassen, als die Polizei ihn schnappte. Im Centrum Judaicum erzählt eine exzellent inszenierte Ausstellung die Geschichte jüdischer Frauen, die im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts in die Prostitution getrieben wurden und weitab von ihrer Heimat als Sexsklavinnen arbeiten mussten. Oft führte ihr Weg von Osteuropa nach Amerika, wo schon im 19. Jahrhundert eine große Nachfrage nach Frauen für die weißen Siedler im Wilden Westen bestand. Der Ausstellungstitel "Der gelbe Schein" bezieht sich auf ein Ausweispapier von Prostituierten im zaristischen Russland, gegen das auch jüdische Frauen ihre Personalpapiere eintauschten, die nicht in diesem Beruf arbeiteten: Für sie war es fast der einzige Weg, die für Juden reservierten Ghettos und Ansiedlungsrayons zu verlassen und in Städten wie Moskau oder St. Petersburg ihr Glück zu versuchen. Weitere Informationen zur Ausstellung

Blick in die Ausstellung Der gelbe Schein

Mittwoch, 28. November 2012

Umstrittener Aufklärer: die Moses-Mendelssohn-Ausstellung im Centrum Judaicum

Moses Mendelssohn
Von Michael Bienert Das Fritzenjahr hatte auch sein Gutes: Es erinnerte nicht nur an den schrägsten Vogel auf dem Preußenthron, sondern auch an die Berliner Aufklärung, die eine Kulturleistung selbstbewusster Bürger war. Wie fremd deren intellektuelle Emanzipation dem Philosophen von Sanssouci blieb, beweist seine Verachtung für Moses Mendelssohn. Friedrich der Große blockierte dessen Wahl in die Akademie der Wissenschaften, obwohl Mendelssohn 1763 mit seiner Abhandlung „Über die Evidenz der metaphysischen Wissenschaften“ den 1. Preis der Akademie gewonnen hatte, noch vor Immanuel Kant. Weiterlesen im Tagesspiegel von heute.

Dienstag, 27. November 2012

Mord, Totschlag und andere Verbrechen

Das Foto links zeigt den Kriminalkommissar Ernst Engelbrecht, der Anfang der Zwanziger Jahre Razzien in Berliner Unterweltlokalen organisierte und sich verkleiden musste, um von den Ganoven nicht sofort erkannt zu werden. Ein Fundstück aus seinem Buch 15 Jahre Kriminalkommissar (1928), das wir in der Berlin-Sammlung der Zentral- und Landesbibliothek gefunden haben, als wir an unserem Führer Die Zwanziger Jahre in Berlin arbeiteten. Peter Borchardt, der Leiter der Abteilung, ist ein stadtbekannter Krimifan. Am 2. Dezember 2012 stellt er mit seinen Kolleginnen Schätze aus der Sammlung vor. Dazu gibt es eine eigens zusammengestellte Bibliografie, die zeigt, wie reich der Bestand an Berlinkrimis in der ZLB ist. Viele Bücher sind aus Platzgründen normalerweise gesondert aufgestellt und nicht direkt zugänglich. An diesem Sonntagmorgen kann man in allen Krimis blättern. In der Berlinkrimi-Matinee geht es chronologisch von den frühen Kriminalromanen aus dem 19. Jahrhundert über die Kaiserzeit zu den wilden Zwanzigern bis in die Gegenwartsliteratur. „Mord, Totschlag und andere Verbrechen“ ist die vierte und in diesem Jahr letzte Berlin-Matinee des Spezialbereichs Berlin-Studien der ZLB, in denen historische und aktuelle Berlinliteratur im Mittelpunkt steht.

Wann? Sonntag, 02.12.2012, 11.00 Uhr
Wo? Berliner Stadtbibliothek, Breite Straße 30-36, 10178 Berlin

Der Eintritt ist frei, allerdings ist eine Anmeldung erforderlich
unter Telefon 030- 90226-479 oder Mail: zbs@zlb.de

Sonntag, 25. November 2012

Aktueller, dicker, bunter: Die Zwanziger Jahre in Berlin in der 4. Auflage

Neu geschrieben, neu gestaltet:
Die Weiße Stadt im Weltkulturerbe-Guide

Die Zwanziger Jahre in Berlin ist ein praktischer Wegweiser durch Berlin für Liebhaber und Touristen, aber längst auch ein Standardwerk der Berlin-Literatur: Er basiert auf mehr als 25 Jahren Recherche, 2012 haben es die Autoren Michael Bienert und Elke Linda Buchholz für die 4. Auflage stark überarbeitet. Hier stellen wir die wichtigsten Änderungen vor.

Mittwoch, 21. November 2012

Buchvorstellung mit Besichtigung des "Tauten Heims" in der Hufeisensiedlung am Sonntag, dem 25. November

Wann? 25. November 2012 um 11 Uhr
Wo? Info-Station mit Café und Ausstellung in der Hufeisensiedlung, Fritz-Reuter-Allee 44, 12359 Berlin (Nähe U Parchimer Allee).
Was kostet es? Der Eintritt ist frei.


Bett für Feriengäste
in der Hufeisensiedlung.
Foto: Ben Buschfeld
Eintauchen ins Lebensgefühl der "Goldenen Zwanziger" – das kann man in der 1925 bis 1930 von Bruno Taut geplanten Hufeisensiedlung, die heute zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.  Im Kopfbau des 350 Meter langen Gebäudezugs, der der Großsiedlung ihren Namen gab, betreibt seit Kurzem der Verein der "Freunde und Förderer der Hufeisensiedlung" ein Café mit angeschlossener Ausstellung. Dort präsentieren Elke Linda Buchholz und Michael Bienert die erweiterte Neuauflage ihres Buches "Die Zwanziger Jahre in Berlin". Der aktualisierte Wegweiser zu Brennpunkten der politischen und Kulturgeschichte Berlins stellt die Siedlungen der Zwanziger Jahre ausführlich vor, darunter die Hufeisensiedlung – und als Geheimtipp das “Taute Heim”. In dem liebevoll denkmalgerecht wieder hergestellten und komplett im Stile der 1930er Jahre möbliertem Ferienhaus können architekturbegeistere Berlin-Besucher eine kleine Zeitreise unternehmen. Sie erleben die Qualität der viel gepriesenen Innenraumfarben und durchdachten Grundrisse Bruno Tauts. Ab drei Übernachtungen können Architektur- und Designliebhaber das kleine Haus mit Garten und Terrasse mieten. Nach großem Andrang am “Tag des Offenen Denkmals” und viel Lob von Experten und Fachmedien laden die beiden privaten Besitzer, die Landschaftsarchitektin Katrin-Lesser und der Grafik-Designer Ben Buschfeld im Anschluss an die Buchpräsentation zu einer Besichtigung ein. Im Café der Info-Station gibt es Kaffee mit selbstgebackenen Kuchen, eine von Ben Buschfeld gestaltete Ausstellung erzählt die Geschichte der Hufeisensiedlung.

Veranstalter: „Tautes Heim“ und „Berlin Story Verlag“ in Kooperation mit Ticket B und dem „Freunde und Förderer der Hufeisensiedlung Berlin-Britz e.V.“ 


www.tautes-heim.de
www.hufeisensiedlung.info
www.berlinstory-verlag.de

Montag, 19. November 2012

15 Jahre Berlin Story

"Damals war es eine Gründung aus der Arbeitslosigkeit", schreibt der Unternehmensgründer Wieland Giebel (Foto) in seinem Rundbrief zum 15. Geburtstag der Verlagsbuchhandlung Berlin Story. Seinerzeit träumte er von einem Geschichtsmuseum mit angeschlossenem Bookshop, jetzt ist seine Berlin-Buchhandlung mit eingebautem Historiale-Museum unter den Linden nicht mehr wegzudenken, sowenig wie der Berlin Story Verlag aus der hiesigen Verlagslandschaft. Wielands Unternehmergeist hat - neben vielen Arbeitsplätzen für engagierte junge Leute - drei wichtige Bücher von uns ermöglicht. Als Autoren sind wir immer fair behandelt worden, was in dieser Branche leider nicht selbstverständlich ist. Und wir hatten Mitgestaltungsmöglichkeiten, wie wir sie uns bei anderen Verlagen oft gewünscht haben - bis hin zum Layout, der Typografie und Farbnuancen der Buchumschläge (siehe das Beispiel rechts). Wir gratulieren und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit!

Im Theater (42): Armin Petras inszeniert "Bahnwärter Thiel" am Maxim-Gorki-Theater


Mit minimalem Aufwand feierte die Hauptstadt in den letzten Tagen den 150. Geburtstag Gerhart Hauptmanns. Das Deutsche Theater holte Michael Thalheimers karge Inszenierung der „Ratten“ von 2007 aus der Versenkung, drapierte einige Lesungen und eine Stummfilmaufführung drumherum und nannte das „Gerhart-Hauptmann-Tage“. An die Neuinszenierung eines Hauptmann-Dramas wagte sich kein Theater. Die Staatsbibliothek stellte am Geburtstag einige Vitrinen mit Handschriften und Fotos in einen kaum auffindbaren Winkel ihres Foyers. Der Biograf Peter Sprengel hielt einen Festvortrag, denn übergehen konnte man den Termin nicht, immerhin werden in der Staatsbibliothek derzeit 80.000 erhaltene Nachlassbriefe von und an Hauptmann mit Hilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft erschlossen und digitalisiert. Zumindest für die Forschung führt auch künftig an diesem Massiv der Literatur- und Theatergeschichte kein Weg vorbei.
Das von Armin Petras geleitete Maxim-Gorki-Theater reagierte auf das Jubiläum in vertrauter Manier: Nicht mit der Inszenierung eines Dramas, sondern - wieder mal - mit der Verarbeitung eines Prosatextes. Die frühe Novelle „Bahnwärter Thiel“ erzählt vom Wahnsinnigwerden eines Durchschnittsmenschen in den märkischen Kiefernwäldern um die Millionenstadt Berlin, die Funken sprühende Lokomotiven durch die Einöde donnern lässt. In den flammenden Naturschilderungen und Traumdelirien der Novelle von 1887 kündigt sich bereits der Expressionismus an. Ein verkapptes Bühnenstück ist dieser Text indes nicht. Regisseur Armin Petras, der unter dem Pseudonym Fritz Kater Dramen schreibt, hatte auch keine Stückfassung in Sinn. Der gekürzte Hauptmann-Originaltext liefert ein Gerüst für ein fantasievolles Schau-Spiel mit zwei Schauspielern, einer Tänzerin, drei Schattenspielern, Videoprojektor, Plattenspieler nebst weiteren Theaterrequisiten.

Donnerstag, 15. November 2012

Luxusappartement für Tauben am Potsdamer Platz

Das Taubenhaus mit Nistplätzen von innen.
Fotos: PPMG
Das Architekturensemble am Potsdamer Platz hat Zuwachs erhalten: Heute wurde dort ein Taubenhaus eingeweiht, das dazu beitragen soll, die Fassaden und Straßen von Vogelkot frei zu halten.

Mittwoch, 14. November 2012

Planungsdesaster beim Stadtmuseum: Wie der Berliner Senat 2,8 Millionen Euro in den Sand setzte

Nicht nur die Berliner Flughafenplanung kommt die Berliner Steuerzahler teuer zu stehen, auch in der Berliner Kultur wird weiter Geld verbrannt: Auf 2.862.675 Euro beziffert Kultursstaatssekretär André Schmitz (SPD) in einem Schreiben an das Abgeordnetenhaus vom 2. November 2012 die Kosten, die durch die Fehlplanung für eine Erweiterung des Stadtmuseums entstanden sind. Der Senat wollte für 41 Millionen Euro das Stammhaus des Museums sanieren und das benachbarte Marinehaus für Dauer- und Wechselausstellungen herrichten. Doch daraus wird nichts - das Marinehaus erwies sich als beengter als gedacht und als neuer Standort für das Stadtmuseum ist nun das Haus der Berliner Stadtbibliothek an der Breiten Straße vorgesehen. Das wird aber erst frei, wenn die Zentral- und Landesbibliothek einen Neubau beziehen kann, den der Senat auf dem Tempelhofer Feld errichten will. Wann und ob er wirklich kommt, steht noch nicht fest, für das seit Jahren von der Berliner Politik stiefmütterlich behandelte Stadtmuseum bedeutet das: Es darf sich weiter ohne klare Perspektive durchwursteln wie bisher. Dagegen protestiert der Förderverein des Museums in einer wütenden Resolution, die wir hier dokumentieren: Er nennt die Senatsentscheidung einen "offenen Wortbruch und Verstoß gegen jeglichen Bürgersinn".

Die Originaldokumente erscheinen im PDF-Format, wenn Sie oben auf die farbigen Schriften klicken. Die Offenlegung der genannten Summe verdanken wir einer hartnäckigen Anfrage der Grünen-Abgeordneten Sabine Bangert bei der Kulturverwaltung.

Zu den Ergebnissen des Architekturwettbewerbs für einen Ausbau des Marinehauses

Montag, 12. November 2012

Die Burg des Dichterkönigs

Vor 150 Jahren wurde der Dramatiker Gerhart Hauptmann geboren, vor 100 Jahren bekam er den Literaturnobelpreis. Im Riesengebirge fühlte er sich heimisch und baute sich eine Villa. Wir haben uns im Sommer in seiner Heimatregion umgesehen.
Weiterlesen

Zum 150. Geburtstag von Gerhart Hauptmann:
Stücke aus seinem Nachlass


Anlässlich des 150. Geburtstags des Dramatikers und Schriftstellers Gerhart Hauptmann präsentiert die Staatsbibliothek zu Berlin am 15. November von 9 bis 21 Uhr in ihrem Haus Potsdamer Straße wichtige und großenteils unpublizierte Dokumente aus seinem Nachlass. Um 18 Uhr wird der 1912 mit dem Nobelpreis für Literatur geehrte Hauptmann in einer weiteren Veranstaltung geehrt.

Donnerstag, 8. November 2012

Grimms Märchen in der Staatsbibliothek

Rotkäppchen im Papiertheater
aus dem Stadtmuseum Berlin
"Wir hätten auch den Martin-Gropius-Bau mit Berliner Ausgaben der Grimmschen Märchen füllen können", sagt Carola Pohlmann, Leiterin der Kinder- und Jugendbuchabteilung der Staatsbibliothek halb entschuldigend. Deren Ausstellungsraum im Scharoun-Bau an der Potsdamer Straße ist eigentlich zu klein für die Schau anlässlich des Grimm-Jubiläums 2012: Im Dezember vor 200 Jahren erschien im Berliner Verlag von Karl Reimer die Erstausgabe der "Kinder- und Hausmärchen". Da gibt es nicht nur die immer wieder veränderten Ausgaben zu zeigen, die die Grimms selbst ediert haben, sondern auch Briefe, Bücher und persönliche Gegenstände aus dem Nachlass der beiden Forscher, zahllose illustrierte Kinderbücher, Originalzeichnungen namhafter Illustratoren, Märchenspiele, Theaterpuppen und Kostüme, bis hin zu Stadtplänen mit den Adressen der Grimms und den nach ihren Märchenfiguren benannten Straßen - allein 44 sind es in Berlin! Das alles hätte eine etwas großzügigere Inszenierung verdient gehabt, aber immerhin, man versucht das beste aus der Raumsituation zu machen. Wohl erstmals in der Geschichte der Staatsbibliothek eine gemütlich mit Kissen ausgepolsterte Lese-Nische für Schuklassen. Studenten der Humboldt-Universität sollen sie als Navigatoren durch das Grimm-Universum führen. Heute abend werden zusammen mit der Ausstellung die 23. Berliner Märchentage eröffnet, das Motto beider Unternehmungen lautet: "Rotkäppchen kommt aus Berlin!" Vom 8. bis 25. November finden 1200 Märchenlesungen an 350 Orten statt, so Silke Fischer, die Direktorin der Märchentage. Dritter Partner im Bunde ist die Arbeitsstelle Grimm-Briefwechsel an der Humboldt-Uni. Deren Mitarbeiter Berthold Friemel hat mit Carola Pohlmann von der Staatsbibliothek die Ausstellung kuratiert und den wirklich wunderschönen wissenschaftlichen Katalog herausgegeben.

"Rotkäppchen kommt aus Berlin! 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen in Berlin"
Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße 33, 10785 Berlin
bis 5. Januar 2013, Mo-Sa 11-19 Uhr, vom 22.12. bis 29. 12. 11-17 Uhr, sonn- und feiertags geschlossen. Katalog 256 Seiten, 18 Euro

Informationen der Staatsbibliothek
Website der Märchentage

Montag, 5. November 2012

Im Theater (41): Inge Keller spielt Tilla Durieux an den Kammerspielen des Deutschen Theaters

Nächstes Jahr wird sie Neunzig. „Ihr Debüt gab sie 1942 im Theater am Kurfürstendamm“, heißt es lapidar im Programmheft über die Schauspielerin Inge Keller. Siebzig Jahre später steht sie noch einmal auf der Bühne, was den Sachverhalt nicht ganz trifft, weil das Stehen in diesem Alter alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist. Doch die Kollegen vom Deutschen Theater, an dem Inge Keller ein halbes Jahrhundert Ensemblemitglied war, stützen sie liebevoll. Eine Legende spielt gegen ihr Verschwinden an, gegen ihre Hinfälligkeit, das Alter und den Tod. Ein Ereignis, weitab von allem, was sonst an deutschen Bühnen vorgeht.

Freitag, 2. November 2012

Im Theater (40): Wo die Paare Trauer tragen. Dea Lohers "Am Schwarzen See" im Deutschen Theater


Kann mal jemand die Hintergrundmusik abstellen? Das traut sich natürlich niemand in die Premiere hineinzurufen, aber der Gedanke liegt in der Luft. Denn was sich vorn auf der Bühne an persönlicher Tragik abspielt, schwimmt in einer melancholischen Klang- und Sangsoße, die das Unbekömmliche ungenießbar macht. Was ist bloß in den Regisseur Andreas Kriegenburg gefahren, dass er die zarte Musikalität des neuen Stücks von Dea Loher derart verkleistert?
Die Erwartungen an die Uraufführung von „Am Schwarzen See“, ein Auftragswerk des Deutschen Theaters waren hoch, immerhin hatten Loher und Kriegenburg 2008 für „Das letzte Feuer“ den „Faust“-Theaterpreis abgeräumt und waren 2010 mit „Diebe“ zum Theatertreffen eingeladen. „Am Schwarzen See“ ist die dreizehnte Uraufführung eines Loher-Stücks durch Kriegenburg innerhalb von 17 Jahren. Nach den figurenreichen und streckenweise komischen Stücken der jüngsten Zeit überraschen Autorin und Lieblingsregisseur nun mit einem bleischweren Kammerspiel: Zwei Ehepaare verbringen einen Abend und einen Tag miteinander. Wie in solchen Dramen unvermeidlich, werden die ungelösten Konflikte und ungestillten Sehnsüchte in Dauerbeziehungen allmählich freigelegt. Doch bei Loher fliegen nicht die Fetzen wie im Klassiker „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ oder in Yasmina Rezas Erfolgsstück „Der Gott des Gemetzels“. Lohers Paare quält ein gemeinsames Trauma: Ihre Kinder Fritz und Nina haben als Jugendliche zusammen Selbstmord begangen.

Mönchszelle, Fitnessraum, Rumpelkammer – Schaffensorte der Kunst in der Stuttgarter Ausstellung "Mythos Atelier"

Von Elke Linda Buchholz - Ein legendenumwobener Ort wird besichtigt: Die Staatsgalerie Stuttgart lädt zum Atelierrundgang. Wo Caspar David Friedrich in stiller Stube werkelte, Picasso sich zum Tête-à-Tête mit seinen Aktmodellen traf und Anselm Kiefer das Gerümpel deutscher Geschichte durchstöberte – die Orte künstlerischen Schaffens ziehen seit dem frühen 19. Jahrhundert die Neugier des Publikums auf sich. Doch was die Künstler von ihrem Schaffensambiente preisgeben, ist immer auch Teil ihrer künstlerischen Selbstinszenierung. Weiterlesen

Denksportzentrum der Archäologie


In der STUTTGARTER ZEITUNG erschien heute der ausführliche Bericht von Elke Linda Buchholz zur Eröffnung des Archäologischen Zentrums in Berlin:

Lesesaal in der Archäologischen Bibliothek
Mehr Fotos
Die aramäische Göttin lächelt. Würdevoll, wie es sich für eine 3000 Jahre alte Grabfigur gehört, hat sie im lichtdurchfluteten Foyer des neuen Archäologischen Zentrums der Staatlichen Museen zu Berlin Aufstellung bezogen. Draußen vor der hohen Fensterfront rattert ein ICE auf der Stadtbahntrasse vorbei, drinnen strahlen die Festredner mit der Berliner Herbstsonne um die Wette. Kulturstaatsminister Bernd Neumann freut sich, dass der 47 Millionen Euro teure Neubau im Kostenrahmen blieb. Stiftungspräsident Hermann Parzinger begeistert sich für die idealen Forschungsbedingungen, die der Bau mit seinen Werkstätten, Schaudepots und Bibliotheksbeständen bietet. Nicht nur die zuvor in verwinkelten Nebengelassen des Pergamonmuseums untergebrachten Wissenschaftler und Restauratoren dürfen nun in maßgeschneiderten Arbeitsräumen werkeln, auch Forscher aus aller Welt sollen hierher strömen. Eine "Hochleistungsdenksporthalle" sei der nüchtern wirkende Bau, so Freizeitsportler Parzinger. Ein "Pumpwerk des Wissens" nennt ihn Museumsgeneral Eissenhauer.

Mittwoch, 31. Oktober 2012

Wem gehört das Raubgut? Ausstellung und Website der Zentral- und Landesbibliothek

Im Zugangsbuch "J" wurde Raubgut verzeichnet,
das in der Nazizeit in den Besitz der
Berliner Stadtbibliothek gelangte.
Widmungen, Autogramme, Exlibris, Stempel, Eintragungen aller Art geben Hinweise auf die früheren Besitzer der Bücher: Seit mehr als zehn Jahren bemüht sich die Zentral- und Landesbibliothek um die Rückgabe von Büchern, die als „Raubgut“ in der Zeit des National­sozialismus ihren verfolgten und ermordeten, meist jüdischen Eigentü­mern weggenommen wurden. Bisher konnten gut 200 Bücher an Institutionen und an Erben von Privatpersonen restituiert werden. Nun zeigt eine Ausstellung geraubte Bücher aus den letzten Wohnungen deportierter und ermordeter Berliner Juden. Die Idee: Besu­cher über Raubgut zu informieren und vielleicht auch so Eigentümer identifizieren zu können. Im Internet stellt eine Datenbank ungeklärte und geklärte Fälle vor.

Geraubte Bücher, verfolgte Menschen
Ausstellung im Lesesaal der Historischen Sammlungen
Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB), Breitestr. 30 – 31, 10178 Berlin
ständige Ausstellung ab 31.10.12, Öffnungszeiten: Mi und Do 10 – 19 Uhr 

Archäologisches Zentrum in Berlin eröffnet - aktuelle Fotos

Skulpturendepot im Archäologischen Zentrum
Zwischen S-Bahnhof Friedrichstraße und Museumsinsel ist das neue Archäologische Zentrum eröffnet worden, das Studiensammlungen, Restaurierungswerkstätten, Labore, Bibliothek und Verwaltung mehrerer Museen unter einem Dach zusammenführt. Zukünftig soll es als Forschungszentrum der Altertumswissenschaften die Wissenschaftslandschaft um den Campus der Humboldt-Universität ergänzen. Als "Hochleistungsdenksporthalle" bezeichnete Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, das wegen seiner schroffen Backsteinhülle bereits gescholtene Gebäude in seiner Eröffnungsrede. Innen ist es fast ganz in Weiß gehalten, sehr bescheiden in der Bauausführung - mit schwäbischer Sparsamkeit von dem Stuttgarter Büro Hassis + Kurrle Architekten für 40 Millionen Euro errichtet. Eine ausführliche Kritik von Elke Linda Buchholz folgt übermorgen, hier folgen schon einmal Fotos von der Eröffnung und Pressebesichtigung.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann spricht im Foyer.

Mittwoch, 24. Oktober 2012

ZLB ins ICC? Oje!

Das Büro KSP Jürgen Engel Architekten schlägt vor, die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) im Internationalen Congress Centrum (ICC) unterzubringen, das die Messegesellschaft nicht länger nutzen will.

Montag, 22. Oktober 2012

Eine fliegender Teppich für die Kunst

Der Louvre in Paris hat eine neue Abteilung für islamische Kunst eröffnet - die spektakulärste Erweiterung des Museums seit dem Bau der Pyramide von I. M. Pei im Innenhof. Elke Linda Buchholz hat sie besichtigt und in der STUTTGARTER ZEITUNG vom vergangenen Samstag darüber berichtet:
Im Cour Visconti des Louvre ist ein sanft gewellter, golden schimmernder Teppich gelandet. Das aus Metallfäden und Glas konstruierte Dach legt sich schützend und scheinbar schwerelos über die neue Abteilung für islamische Kunst. Von oben gesehen wirkt die Außenhaut undurchsichtig wie eine bewegte Dünenlandschaft. Von innen aber lässt sie das Sonnenlicht durchscheinen, als sei sie ein hauchzarter Seidenschleier.Die aus 2350 Dreiecken montierte Dachkonstruktion ruht auf nur acht dünnen, schrägen Metallsäulen. Dem rechtwinkligen Klassizismus der steinernen Hoffassaden setzen die Architekten Rudy Ricciotti und Mario Bellini viel Schwung, Licht und Leichtigkeit entgegen - und wahren zugleich behutsam Distanz zu den historischen Palastfronten des bisher ungenutzten Cour Visconti. Um zusätzlich noch Ausstellungsfläche im Untergeschoss zu gewinnen, wurde das Terrain so tief ausgeschachtet, dass die Architekten fürchteten, die Hoffassaden des 17. Jahrhunderts könnten einstürzten. Doch der Geniestreich ist gelungen: eine Geste der Freundschaft und des Willkommens für die hier auratisch in Szene gesetzten Kostbarkeiten der islamischen Welt. Weiterlesen

Pracht auf Pergament

In einem ehemaligen Atombunker werden die kostbarsten Handschriften des Mittelalters aus der Bayerischen Staatsbibliothek normalerweise verwahrt, jetzt sind Sie in der Hypo-Kunsthalle München ausgestellt. Zur Ausstellung Pracht auf Pergament über die mittelalterliche Buchmalerei hat Elke Linda Buchholz den Audioguide geschrieben. Einen Filmbericht des Bayerischen Fernsehens finden Sie hier.

Freitag, 19. Oktober 2012

Zar Nikolaus fuhr Mercedes. Eine Ausstellung über Russen und Deutsche im Neuen Museum

Von Elke Linda Buchholz - Wie gerade erst abgeladen stehen Holzkisten mit Wachsblöcken, tönernen Spinnwirteln und Schwertern im Neuen Museum: Handelsgüter, mit denen Kauffahrer vor 1000 Jahren miteinander ins Geschäft kamen. Bier, Salz und Heringe transportierten sie in Fässern, auf deren Deckel sie ihre Marken ritzten. Auf einem vier Meter breiten Kirchengestühl ließen Rigafahrer der Hansestadt Stralsund um 1360 ihre Handelspartner verewigen. Da flitzen Eichhörnchen durch die Baumwipfel, werden von Jägern mit Pfeil und Bogen zur Strecke gebracht und schließlich als Handelsware einem westlich gekleideten Pelzhändler übergeben. Der Schnitzkünstler schildert die Russen nicht als wilde Barbaren, wie es Jahrhunderte später viele Reisende taten. Die geschickten Jäger wirken gepflegt mit ihren exotisch geflochtenen Bärten und hohen Mützen. Empfangen wird der Besucher der Ausstellung Russen und Deutsche von einem dem Kirchengestühl nachgebildeten Wald. Geschichte ist ein Dickicht. Wie schlägt man Schneisen hinein? Unter der Schirmherrschaft ihrer Staatsoberhäupter haben sich russische und deutsche Historiker auf 600 Exponate aus tausend Jahren verständigt. Nachdem sie zuerst in Moskau gezeigt wurden, ist eine völlig neue deutsche Ausstellungsversion nun auf der Museumsinsel zu sehen. Streng chronologisch geht es um "die Verflechtungen der beiden Völker" in einem "überwiegend friedlichen Neben- und Miteinander", so Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Weiterlesen

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Tour Total - das jüngste Hochhaus Berlins im filigranen Spitzengewand


Fotos: Elke Linda Buchholz
Von Elke Linda Buchholz - Eigentlich wollte der Mineralölkonzern Total nur eine Tankstelle bauen. Eine Wasserstofftankstelle wünschte sich das nahe gelegene Bundeswirtschaftsministerium. Stattdessen ragt nun eine strahlend weiße Hochhausscheibe mit 17 Geschossen in den Berliner Himmel, die neue Deutschlandzentrale des in Paris ansässigen Unternehmens. Noch steht der Bau als einsamer Solitär im urbanen Niemandsland nördlich des Hauptbahnhofs, umzingelt von schmuddeligen Lagerschuppen, Busparkplätzen, Großbaustellen und Verkehrsschneise. Längst sollte hier ein 40 Hektar großes Stadtquartier für Wohnen und Büros mit Namen Europacity entstehen, mit Wohnungen am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal und punktueller Hochhausverdichtung am Bahnhofsvorplatz. So der strategische Masterplan der Senatsverwaltung. Der jetzt eingeweihte "Tour Total" des amerikanisch-schwäbischen Architektenduos Barkow Leibinger ist der erste Baustein zu diesem ehrgeizigen Vorhaben, dessen Areal größer ist als die Potsdamer Platz-Bebauung aus der Nachwendezeit.

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Denkmalschutzprojekte in Sachsen und Nordrhein-Westfalen: zwei neue Publikationen

Elke Linda Buchholz hat die Texte für zwei weitere illustrierte Broschüren über Förderprojekte der Deutschen Stiftung Denkmalschutz geschrieben, die soeben erschienen sind. Die Hefte über Projekte in Sachsen und Nordrhein-Westfalen können hier kostenlos bestellt werden. Zuvor haben wir bereits Hefte über Denkmalschutzvorhaben in Berlin, Bayern, Bremen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen verfasst. 

Dienstag, 2. Oktober 2012

Chamissos Nachlass und andere Kostbarkeiten

Ein Notizbuch aus Chamissos Nachlass
Mit freundlicher Genehmigung der Staatsbibliothek PK

Am Samstag, den 6. Oktober um 16 Uhr findet im Chamisso-Literaturhaus in Kunersdorf ein Werkstattgespräch zum Nachlass des Dichters und Naturforschers Adelbert von Chamisso in der Staatsbibliothek statt. Die Germanistin Monika Sproll und die Archivarin Anja Krüger erzählen von ihren Arbeiten mit dem umfangreichen, bisher wenig bekannten Nachlass, von ihren Entdeckungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen, die ihre Arbeit bisher erbracht hat.

Montag, 17. September 2012

Im Theater (39): Martin Wuttke in René Polleschs "Don Juan" an der Volksbühne

Don Juan ist Kettenraucher. Damit er keine Aschekrümel auf der Bühne hinterlässt, trägt ein Mitspieler immer einen weißen Blecheimer hinter ihm her. Das Laster hat es wirklich nicht leicht heutzutage! Es wird eingehegt, überwacht, von Gesundheitsaposteln mit Warnaufklebern versehen oder gleich ganz verboten. Mag ja sein, dass Rauchen das Leben verkürzt, aber für einen Don Juan ist das schon gar kein Grund damit aufzuhören: "Lange zu leben, das ist doch kein Leben!'

Streitfall Gemäldegalerie: Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz auf dem Weg vom Wünschbaren zum Machbaren


In der STUTTGARTER ZEITUNG von heute resümiert Michael Bienert den Sommerstreit über eine Umzug und Neubau für die Gemäldegalerie am Kulturforum. Bereits im Juni hatte er darüber berichtet. Jetzt will die Stiftung Preußischer Kulturbesitz auch Alternativen prüfen lassen, um die Kunst des 20. Jahrhunderts am Kulturforum zu präsentieren.

Caravaggio statt Container:
Hier soll eine neue Gemäldegalerie
gebaut werden. Foto: Bienert
Die leeren Transportkisten am Eingang des Neubaus verraten: Es wird eingeräumt. Ende Oktober soll das Archäologische Zentrum der Stuttgarter Architekten Joel Harris und Volker Kurrle neben der Berliner Museumsinsel eingeweiht werden. Der ziegelbraune kantige Baukörper verschließt sich neugierigen Blicken, so hoch sind die vertikalen Fensterschlitze angebracht. Ein Zweckbau für Museumsverwaltung, Restaurierungswerkstätten und Bibliothek, bei dessen Entwurf die Architekten Rücksicht auf eine Fata Morgana nehmen mussten. Nebenan, wo jetzt Parkplätze markiert und Container für Bauleute aufgestapelt sind, existiert in den Köpfen der Berliner Museumsdirektoren längst eine neue Gemäldegalerie mit den Spitzenwerken von Caravaggio, Rubens und Rembrandt.

Mittwoch, 12. September 2012

Mäuseskizzen, Eisensessel, Freiheitsdom

In der STUTTGARTER ZEITUNG ist heute der ausführliche Bericht von Elke Linda Buchholz über die Ausstellung Karl Friedrich Schinkel - Geschichte und Poesie am Kulturforum erschienen.

Moskau brennt! Dichte rote Rauchschwaden ziehen über den Kreml. Sie bewegen sich wirklich auf diesem Monumentalgemälde, ebenso wie die im Vordergrund mit Sack und Pack flüchtenden Einwohner. Dann fällt der Vorhang, das aufgeregte Stimmengewirr ebbt ab, die Show ist vorüber. Das Berliner Publikum von 1813 war begeistert. Jetzt ist Karl Friedrich Schinkels optisch-mechanisches Schaubild in einer Rekonstruktion zu erleben. Weiterlesen

Dienstag, 11. September 2012

Im Theater (38): Ibsens "Volksfeind" an der Schaubühne

Wo es um Wirtschaftsinteressen geht, hört die Demokratie auf. „Als Angestellter hast Du kein Recht auf eine eigene Überzeugung“, faucht der Chef des städtischen Kurbades den Badearzt an. Wer den Dienstweg verlässt und Hierarchien unterläuft, fliegt raus! Doch die Warnung kommt zu spät: Doktor Stockmann hat schon ein Gutachten an die Presse gegeben, wonach die Kurgäste in vergiftetem Wasser baden. Wenn das rauskommt, muss der einzige lukrative Betrieb der Stadt für zwei Jahre schließen und die Bürger müssen neue Wasserleitungen bezahlen. Ein Alptraum für den Chef des Kurbades, der als Stadtrat wiedergewählt werden will.

Samstag, 8. September 2012

Ein neues Buch über die Glanzzeit der Friedrichstraße

Harald Neckelmann:
Friedrichstraße Berlin.
Berlin Story Verlag, 19,80 EUR
Es gibt kaum noch ein Nachtleben auf der Friedrichstraße. In der Kaiserzeit und den Zwanziger Jahren war das anders, da strömten die Touristen und Einheimische aus der ganzen Stadt in die Amüsierlokale und Theater rund um den Bahnhof Friedrichstraße - nur der Admiralspalast erinnert noch daran. Weibliche und männliche Prostituierte bevölkerten die Straße und später in der Nacht verwandelte sich die Gegend mit "hin und her schaukelnden Droschken und Automobilen in ein einziges saftiges Beilager", so zitiert Harald Neckelmann den Dramatiker Carl Sternheim. Neckelmanns neues Buch ist ein Spaziergang in (ausführlich kommentierten) Fotografien durch die Friedrichstraße, wie sie vor ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg aussah, einmal die 3,3 Kilometer rauf und wieder runter zwischen Halleschem und Oranienburger Tor. Weiterlesen

Donnerstag, 6. September 2012

Lebensfluten - Tatensturm

Michael Bienert hat die neue Dauerausstellung im Museumsanbau des Goethe-Hauses (Foto) besichtigt und berichtet darüber heute in der Stuttgarter Zeitung:
Goethe schrieb nicht gern mit Tinte und Feder. Das Kratzen auf dem Papier und die Tintenkleckserei störten seinen Gedankenfluss, lieber skizzierte er Einfälle mit dem Bleistift oder diktierte einem Schreiber. Mit Papier ging er sparsam um, für Konzepte benutzte Goethe gerne zerschnittene Theaterzettel. Auch Briefe an Freunde diktierte er meist. Um die Nachfrage nach Goethe-Autographen zu befriedigen, ließ er um 1820 handgeschriebene Verse lithografieren und verschenkte diese Blätter. Der Gedanke, dass Goethe an der Copy-and-Paste-Funktion eines Laptop-Computers seine helle Freude gehabt hätte, stellt sich beim genauen Blick auf seine Schreibwerkzeuge und Manuskripte von selbst ein. Weiterlesen

Mittwoch, 5. September 2012

Mythos Olympia - Kult und Spiele im Martin-Gropius-Bau

Elke Linda Buchholz über die Ausstellung im Martin-Gropius-Bau, erschienen am 5. September 2012 in der STUTTGARTER ZEITUNG:
Leichtfüßig ist Nike im Lichthof gelandet. Kaum berühren ihre Zehen den Boden, so schwerelos hat der antike Bildhauer Paionios sie geformt. Das Abbild der Siegesgöttin ziert die aktuellen Medaillen der Olympiasieger von London. Das Original stand auf einem hohen Pfeiler vor dem Zeustempel im antiken Olympia. In Berlin ist sie nur als Gipsabguss zu sehen: trotzdem schön. Auch die Monumentalreliefs vom Giebel des Tempels, auf denen der Wagenlenker Pelops seinem Konkurrenten entgegentritt, wurden mit Abgüssen rekonstruiert.

Geschichte und Poesie: die Schinkel-Ausstellung am Kulturforum

Von Schinkel entworfene Stühle in der
Ausstellung am Kulturforum
Die Mitte Berlins trägt die Handschrift Karl Friedrich Schinkels, mit dem Schauspielhaus, der Neuen Wache, der Schlossbrücke, dem Alten Museum, der Bauakademie und der Friedrichswerderschen Kirche hat er Spree-Athen nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon ein neues Gesicht gegeben. Die große Schinkel-Ausstellung des Kupferstichkabinetts am Kulturforum hält sich damit nicht lange auf: Sie folgt dem Architekten auf seine Reisen nach Ostpreußen und ins Rheinland, nach Italien und England, wo er antike Bauten und Fabriken skizzierte, zeigt ungebaute Entwürfe für einen Freiheitsdom in Berlin und Paläste auf der Akropolis und der Krim. Als Bühnenbildner wollte Schinkel die Aufführungspraxis reformieren, als Designer lieferte er hinreißende Vorlagen für die preußische Möbelindustrie.

Sonntag, 2. September 2012

Im Theater (37): Ödipus Stadt im Deutschen Theater

Es ist ja nicht so, dass der Start der neuen Theatersaison automatisch Hochgefühle im Kritiker auslöst. Wir werden wieder viel Halbgares, Überwürztes und Ungenießbares verkosten müssen - wozu eigentlich? Umso größer das Glück, wenn die ersten dreißig, vierzig Theaterminuten der beginnenden Spielzeit einem richtig Lust machen: In dieser kurzen Zeitspanne spielt Ulrich Matthes das ganze Drama des thebanischen Königs, Vatermörders und Muttergatten Ödipus so hellklar, dass es eine Offenbarung ist. So ohne Zuviel, ohne Schnickschnack, ohne jeden billigen Effekt, so hingegeben an die Sprache und die Figur könnte es Stunden und Tage weitergehen, ohne dass sich die Frage stellt: Was mache ich hier eigentlich?

Freitag, 31. August 2012

Geschichte im Fluss

Vernebelter Blick von Deutschland nach Polen -
Winterimpression aus Frankfurt/Oder
Foto: Bienert
Flüsse trennen, Flüsse verbinden. Seit Jahren forscht unser geschätzter Kollege Uwe Rada vor Ort und in Archiven zur Lebenswirklichkeit und Geschichte entlang europäischer Wasserwege. Nach Büchern über die Oder und die Memel hat er nun ein großes Onlineprojekt der Bundeszentrale für politische Bildung auf den Weg gebracht: Geschichte im Fluss wurde heute freigeschaltet. 26 Autorinnen und Autoren aus sieben Ländern schreiben über den Rhein, die Oder und die Memel und treten in einen Dialog über Geschichte und Gegenwart an ihren Ufern. Im kommenden Frühjahr soll das Dossier um Texte zur Elbe, Donau und Weichsel erweitert werden.

Mittwoch, 29. August 2012

775 Jahre Berlin - ein Grund zum Feiern?

Ralph Hoppe erklärt Berlin: Fast täglich auf
der Straße, am 2. 9. in der Stadtbibliothek.
Diese Frage stellt unser Kollege Ralph Hoppe, mit dem wir schon etliche Stadterkundungsprojekte realisiert und ein Buch geschrieben haben (Eine Stunde Stadt, Berliner Ringbahnreise, 2002), am kommenden Sonntag ab 11 Uhr in der Abteilung Berlin-Studien in der Berliner Stadtbibliothek. Er geht der Geschichte des Jubiläums und seinen Eigenheiten auf den Grund. Bei der Matinee stellt Hoppe interessante Entdeckungen und wichtige Publikationen zum mittelalterlichen Berlin, seinem Stadtkern und den bisherigen Jahrfeiern vor. Zuletzt erschien von Ralph Hoppe das Buch Das unbekannte Berlin. Die Teilnehmerzahl für die Veranstaltung ist begrenzt. Bitte melden Sie sich daher an.

In der Android-Welt angekommen

Ab sofort sind unsere digitalen Berlin-Guides auch auf Android-Handys und Tablets lauffähig, denn die als technische Basis dienende Guidewriters-App steht jetzt auch bei GooglePlay zum Download bereit. Apple-User konnten die Guides schon seit dem Frühjahr auf iPhone und iPad testen. Wer es ausprobieren möchte: Die Guides Friedrich der Große in Berlin und Die Zwanziger Jahre um Berlin stehen gratis zur Verfügung. Positive Bewertungen helfen übrigens sehr, dass solche anspruchsvollen Angebote auf dem explodierenden App-Markt sichtbar bleiben! Zu den Guides

Pergamon-Panorama und Ausstellung verlängert bis 14. Oktober 2012

Am Wochenende waren wir zum dritten Mal im Pergamon-Panorama, diesmal um es unseren Kindern zu zeigen, ehe es schließt. Heute gibt die Stiftung Preußischer Kulturbesitz bekannt, dass Panorama und Ausstellung wegen des großen Erfolgs zwei Wochen länger zu sehen sein werden. Für die Stuttgarter Zeitung hat Elke Linda Buchholz über beides berichtet, lesen Sie hier die ausführliche Kritik:
Über der antiken Stadt Pergamon geht die Sonne auf. Stimmengewirr tönt von den belebten Plätzen der Akropolis herüber, die sich spektakulär auf einem schmalen Felsplateau über der weiten Ebene erhebt. Im Halbrund des Theaters nehmen die Leute auf Sitzkissen Platz, andere schlendern über den Vorplatz des Athenatempels. Am neuen Trajantempel daneben wird noch gebaut. Gerade besichtigt Kaiser Hadrian mit seinem Gefolge seine Baustellen: Wir schreiben das Jahr 129 nach Christus.
Die Illusion ist perfekt. Im 360-Grad-Rundumblick hat der Panoramakünstler Yadegar Asisi das antike Pergamon auf einer mehr als 100 Meter langen Stoffbahn mit ditigalfotografischer Schärfe und nach aktuellem archäologischen Forschungsstand vergegenwärtigt. Mittendrin im Stadtgetümmel erblickt man den berühmten Pergamonaltar - mit farbig bemaltem Relieffries. Ein Realitätschock.

Montag, 27. August 2012

Großlabor des Wohnungsbaus


Manche Berliner Siedlungen der Weimarer Republik sind seit 2008 Weltkulturerbe, andere nicht – aber trotzdem sehenswert. Ein Streifzug von Michael Bienert, der auch als Stadtführer dort oft unterwegs ist, erschienen am 25. August 2012 im Feuilleton der Stuttgarter Zeitung:

Heidebrinker Straße 8 in der Gartenstadt Atlantic
Foto: Bienert
Hat man dieses Wohnhaus bei der Sanierung vergessen? Im Vorbeigehen wirkt es so. Das Haus Heidebrinker Straße 15 in der sanierten Gartenstadt Atlantic trägt noch den Originalputz aus den legendären Zwanziger Jahren. Er ist nachgedunkelt, aber wenn die Sonne darauf scheint, dann beginnen feine Körnchen darin plötzlich zu schillern und zu blinkern. Die Fassade lebt! Dann bemerkt man weitere feine Details, die an den Nachbarhäusern verloren gegangen sind: die Kasten-Doppelfenster und ihre expressionistischen Einfassungen lassen die ungedämmte Außenwand viel plastischer wirken. Die Rollläden sind aus Holz, nicht aus Kunststoff. Es fehlt die dicke Wärmedämmschicht unter dem Putz. Wenigstens ein Haus der Gartenstadt Atlantic am S-Bahnhof Gesundbrunnen schaut noch genauso aus, wie der deutsch-jüdische Architekt Rudolf Fränkel es entworfen hatte – dank einer Finanzspritze von 200.000 Euro von der  Deutschen Stiftung Denkmalschutz. An den übrigen rund 50 Häusern der Siedlung hat der private Eigentümer das Erscheinungsbild nur vergröbert wiederherstellen lassen, sonst wären die Mieten explodiert. Wichtiger war ihm, die bunte Bevölkerungsmischung in dem zu Mauerzeiten stark herunter gekommenen Kiez zu erhalten. Man sieht es mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Weiterlesen im Zwanziger-Jahre-Blog

Dienstag, 21. August 2012

Was ihm fehlen wird, wenn er tot ist

So heißt der neue Roman von Sandra Hoffmann, für den die Autorin noch vor dem Erscheinungstermin dem Thaddäus-Troll-Preis zuerkannt bekam. Michael Bienert hat ihn im literaturblatt besprochen, dank der anstehenden Preisverleihung ist die Besprechung auch online auf Kulturfinder Baden-Württemberg zu lesen: "Ein Aufklärungsroman über die deutsch-polnische Vergangenheit, ein Plädoyer für einen respektvollen Umgang mit den Sterbenden, eine Reflexion über das Lebenswerte am Leben – das alles steckt gut verpackt in diesem schlanken, unprätentiösen, uneitlen Buch."