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Montag, 30. April 2012

Humboldt-Forum: Mehr Demokratie im Schloss wagen


Philipp Teufel und Ralph Appelbaum
erläutern ihre Ideen für die
Ausstellungen im Schloss 
Vergangenen Freitag stellten die Stiftung Berliner Schloss und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz die Szenografen der Ausstellungsbereiche im wiederaufgebauten Schloss der Presse vor. Hier der Bericht von Michael Bienert aus der STUTTGARTER ZEITUNG vom 30. April 2012:
Zwanzig Jahre: So lange schon gibt es den privaten Förderverein, der dafür wirbt, das verschwundene Hohenzollernschloss in der Berliner Mitte wiederaufzubauen. Vor zehn Jahren beschloss der Deutsche Bundestag das Projekt, vor drei Jahren wurde ein Architekturwettbewerb durchgeführt, den der Architekt Franco Stella gewann. 2013 Jahr soll der Grundstein gelegt werden, aber das Ziel ist noch weit: Geht alles nach Plan, steht frühestens 2018 das Gebäude. Die Einrichtung des Humboldt-Forums im Schloss wäre dann bis 2019 denkbar: Es soll die außereuropäischen Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ganz neu präsentieren, gemeinsam mit den wissenschaftshistorischen Sammlungen der Humboldt-Universität und ergänzt um eine Dependance der Berliner Zentral- und Landesbibliothek.
590 Millionen Euro darf alles kosten. Bei der Feinplanung für das moderne Innenleben hinter der Barockfassade stellt sich ein Problem. “Das Humboldt-Forum soll nicht jetzt, sondern 2019 innovativ und modern sein”, sagt Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Berliner Museen. Wie aber schafft man das, so rasant wie sich die Gesellschaft, ihr Umgang mit Bildern und Medien und damit die Erwartungen an einen Kulturpalast verändern? Erinnern wir uns: Vor gerade acht Jahren gründete ein unbekannter Student die Internetplattform Facebook, die in kurzen Zeit die Kommunkationsgewohnheiten von 900 Millionen Menschen verändert hat. Was wird Menschen in acht Jahren dazu bringen, das Humboldt-Forum aufzusuchen, um dort zu kommunizieren und hinterher ihre sozialen Netzwerke mit begeisterten Kommentaren zu füttern?

Sonntag, 29. April 2012

Stadtführungen zum Denkmalschutz

Wo Baudenkmale sorgfältig restauriert werden, gewinnt die Stadt eine neue Qualität. Das ist in Berlin vielerorts zu sehen: Über 150 Projekte hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz seit ihrem Bestehen in der Hauptstadt unterstützt. Heute war die Premiere des ersten regelmäßigen Stadtspaziergangs von StattReisen zum Denkmalschutz in Berlin, gefördert von der Stiftung. Michael Bienert und Ralph Hoppe - der auf dem Foto die restaurierten Malereien in einem Treppenhaus an der Gethesemanekirche zeigt - haben die dreistündige Exkursion mit U- und S-Bahn gemeinsam konzipiert und durchgeführt. Die nächsten öffentliche Termine finden am 13. 5., 24. 6., 26. 8. und 23. 9. 2012 jeweils um 14 Uhr statt, weitere Infos finden Sie hier.

Freitag, 27. April 2012

Berlin Biennale: Basisdemokratie ist noch keine Kunst


Modell des Jesus-Monuments
von Miroslaw Petecki auf der
Berlin Biennale
Von Michael Bienert Edel sei die Kunst, hilfreich und gut. So wie die 36 Meter hohe Christusfigur mit ausgebreiteten Armen, die der Künstler Miroslaw Petecki auf einen Hügel im polnischen Swiebodzin gestellt hat. Den Bauauftrag habe er direkt von Jesus bekommen, glaubt der örtliche Pfarrer. Das im November 2010 eingeweihte Kitsch-Monstrum in Sichtweite eines Supermarktes ist rasch zur Touristenattraktion und Pilgerstätte geworden und damit ein machtvoller Wirtschaftsfaktor in der strukturschwachen deutsch-polnischen Grenzregion. Der Künstler allerdings ist mit der Ausführung des aus Spenden finanzierten Monuments nicht wirklich zufrieden. Die Berliner KunstWerke haben deshalb für ein paar Wochen ein offenes Atelier eingerichtet, wo ihm die Besucher der Berlin Biennale bei der Arbeit an einem formvollendeten Christuskopf aus Styroporblöcken zuschauen können.
Eine Etage tiefer balanciert eine leicht bekleidete Aktivistin der Occupy-Bewegung auf einer gefährlich hohen Leiter, um einen Draht an der Decke weiß anzupinseln. „This is not our museum / This is your action space“, empfängt ein Transparent die Neugierigen. In der Mitte stehen Bierbänke im Kreis für Diskussionen im Plenum. Ein Infostand mit Plakaten fordert zu Unterschriften für ein gesetzliches Verbot der Spekulation mit Nahrungsmitteln auf. Neben einem Solarfahrrad ist eine Werkstatt mit allem aufgebaut, was man für Schablonengraffiti braucht. Ein braunes Zelt im Hintergrund dient als Rückzugsraum und Schlafkabine. Auf die Frage, wer in diesen „open space“ der Berlin Biennale von wem eingeladen worden sei, antwortet ein geschäftiger Aktivist, das wisse er auch nicht so genau. Er sei offen für „alle Menschen, die hier was zum Ausdruck bringen wollen.“

Mittwoch, 25. April 2012

Berlin Biennale: Kunstwerk verschwunden!

Morgens um 9 Uhr, als das Pressebüro öffnete, war der Eingang zu den KunstWerken in der Auguststraße noch halb zugemauert. "C´est ne pas une porte" stand auf der Wand, sofort kam einem Magrittes berühmtes Bild La Trahison des Images mit dem Spruch "Ceci n´est pas une pipe" in den Sinn. War diese kunsthistorische Anspielung den Veranstaltern der Berlin Biennale, die dem Agitprop huldigen, zu feinsinnig? Eineinhalb Stunden später, beim Verlassen der KunstWerke in Richtung Pressekonferenz, waren die stabile Mauer und das Zitat komplett abgerissen, als hätte es diese Installation nie gegeben. Oder wars nur eine temporäre Aktion für eine Handvoll Journalisten, die früh aufgestanden waren, um die Ausstellung in den KunstWerken zu sehen? Wir dokumentieren das äußerst kurzlebige Kunstwerk hier für die Nachwelt. P.S.: Nach Informationen des TAGESSPIEGELS musste die Wand vor dem Eingang auf behördliche Anordnung hin rasch wieder abgerissen werden, um den Fluchtweg vom Innenhof freizuhalten. Ein ausführlicher Bericht über die Berlin Biennale erscheint morgen. Unter "Weitere Informationen" finden Sie mehr Bilder von den Ausstellungsorten.

Samstag, 21. April 2012

Fundraising für die Kultur


Das Jüdische Museum in
Berlin besitzt seit 2001 eine
Fundraisingabteilung
In den letzten Tagen fand der 19. Deutsche Fundraising-Kongress mit rund 750 Teilnehmern in Berlin statt. Michael Bienert hat ihn im Auftrag der STUTTGARTER ZEITUNG besucht, um sich ein Bild von der Bedeutung des Spendensammelns für die Kulturfinanzierung zu machen. Hier sein Bericht.

Wer Geld spendet, will auch was davon haben, sei es ein ruhigeres Gewissen oder einfach das gute Gefühl, an einem sinnvollen Projekt beteiligt zu sein. Spender reagieren empfindlich, wenn ihre Hoffnungen enttäuscht werden. Damit hat gerade Gesa-Thorid Huget zu kämpfen, Geschäftsführerin der Stiftung Elbphilharmonie. Das von ihr unterstützte Hamburger Prestigeprojekt kommt aus den Negativschlagzeilen nicht heraus. Schon 2010 sollte das neue Wahrzeichen der Musikstadt Hamburg in Betrieb gehen, letztes Jahr wurde der Fertigstellungstermin erst auf 2014, dann auf unbestimmte  Zeit verschoben. Das Verhältnis zwischen der Stadt Hamburg als Bauherr und der Baufirma Hochtief ist total zerrüttet. Von 114 Millionen Euro sind die Baukosten auf 323 Millionen explodiert, nun wollte Hochtief auch noch die Haftung für die komplizierte Konstruktion des Konzertsaaldaches auf den Bauherrn abwälzen. Auf der Baustelle rührt sich nichts mehr.
„Zwei Drittel der Spender sind über 60 Jahre alt und wenn sie am Telefon fragen, ob sie die Fertigstellung noch erleben, ist es nicht leicht, sie zu trösten“, berichtet Huget. Dabei fing alles so furios an. Ehe die Bürgerschaft 2005 den Bau des neuen Wahrzeichens in der Hafencity beschloss, hatten der damalige Erste Bürgermeister Ole von Beust und die Kultursenatorin Karin von Welck bereits 40 Millionen Euro von Großspendern eingesammelt. „Die Kultursenatorin war eine hemmungslose Fundraiserin“, schwärmt Huget. Eine breitenwirksame Spendenkampagne konnte 7000 Hamburger überzeugen, bis zum Baubeginn 2007 weitere 16,2 Millionen Euro aufzubringen.

Freitag, 20. April 2012

Märchenwelten I Gegen die dürre Vernunft

Vor 200 Jahren erschien die erste Ausgabe der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, aus diesem Anlass schickt das Goethe-Institut eine Ausstellung durch viele Länder und hat eine Website zum Thema Märchen in Deutschland freigeschaltet. Michael Bienert ist der Bitte, einen Text über Theodor Storms Die Regentrude zu schreiben, gerne nachgekommen. Lesen Sie ihn hier...

Montag, 16. April 2012

Elektropolis & Weiße Stadt

Die erste Führung durch das neue
Blockheizkraftwerk "Weiße Stadt"
Die Weiße Stadt in Reinickendorf war eines der größten und wegweisenden kommunalen Wohnungsbauprojekte der Zwanziger Jahre und gehört deshalb zum UNESCO-Weltkulturerbe. Nicht nur die städtebauliche Anlage und Architektur waren seinerzeit innovativ, sondern auch die Wärmeversorgung: Statt in jeder der 1200 Wohnungen Kohleöfen zu bauen, wurden alle an ein zentrales Heizwerk angeschlossen. Heute ging dort ein neues Blockheizkraftwerk für doppelt so viele Wohnungen in Betrieb, das wesentlich effizienter arbeitet, denn es deckt nebenbei auch noch den Strombedarf von rund 2000 Wohnungen und nutzt damit die eingesetzte Primärenergie zu 90 Prozent aus. Der Kohlendioxidausstoß sinkt um 40 Prozent, verglichen mit der zuletzt eingesetzten Ölbefeuerung. Wohl nicht zufällig fand die feierliche Inbetriebnahme der zukunftsweisenden Anlage einen Tag vor dem morgigen Berliner Denkmaltag statt. Er steht unter dem Motto "Stadt unter Strom - das Erbe der Elektropolis Berlin", dazu gibt es morgen den ganzen Tag Vorträge im Alten Stadthaus und die Eröffnung einer Fotoausstellung in der Senatsbauverwaltung am Köllnischen Park. Der Eintritt ist frei, hier geht es zum Programm. Wir beobachten alle diese Aktivitäten sehr aufmerksam, da wir unsere StadtführungenBücher und Apps zum Thema Die Zwanziger Jahre in Berlin ständig auf dem neuesten Stand halten.

Ausblick vom Sonnendeck auf dem Dach des
Brückenhauses an der Aroser Allee auf die Weiße Stadt

Haus Schminke

Auf der Rückreise vom Osterurlaub in Schlesien sind wir durch Löbau gekommen, dort baute der Architekt Hans Scharoun 1931-33 ein Wohnhaus neben der Nudelfabrik von Fritz Schminke, das besichtigt werden kann.
Es handelt sich um eine der großartigsten und am besten erhaltenen Villen aus der Zwischenkriegszeit. Architekturtouristen können dort sogar übernachten! In Abstimmung mit der Familie Schminke entwarf der Architekt Hans Scharoun viele originelle Details wie den Wintergarten und farbige Bullaugen an den Türen zum Vergnügen der Kinder. Fast komplett erhalten ist auch das Interieur der "Frankfurter Küche" mit Einbauschränken und Aluschütten für Lebensmittel.

Mittwoch, 4. April 2012

Staatliche Museen füttern Google mit Kunst


Wieland Holfelder, Engineering Director
bei Google, stellt im Alten Museum
das erweiterte "Art Project" vor.
Welcher Kunstliebhaber hätte nicht gerne einen Rubens, einen Manet oder van Gogh in seiner ganz persönlichen Kunstsammlung, ergänzt womöglich um antike Skulpturen oder eine filigran mit Drachen bemalte Glasvase aus China? Der werbefinanzierte Google-Konzern macht es möglich, wenigstens virtuell, und positioniert sich so einmal mehr als hochkulturelle Alternative zu den Niederungen von Facebook. Seit gestern haben die User des „Google Art Project“ die Wahl zwischen gut 30.000 Kunstwerken aus 151 Museen in 40 Ländern. Sie können sich nah an die in hoher Auflösung digitalisierten Werke heranzoomen und virtuell durch 385 Säle in 46 Sammlungen flanieren, dank der Street-View-Technologie von Google. Und jeder kann seine eigene Sammlung zusammenstellen, kommentieren und mit anderen teilen.
Ausgedacht haben sich das kunstaffine Google-Mitarbeiter im Rahmen der betriebsinternen 20-Prozent-Regelung, die es ihnen erlaubt, einen Teil ihrer Arbeitszeit ohne Aufträge von Vorgesetzten an neuen Ideen zu tüfteln.

Noch keine App für Sanssouci

Heute wollte die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten pünktlich zur Osterreisezeit ihre iPhone-App vorstellen, mit der man sich durch Park Sanssouci navigieren kann - daraus wird aber nichts, weil "nicht gewährleistet werden konnte, dass die Applikation rechtzeitig im AppStore verfügbar ist", so die Pressemitteilung. Wir kennen das Problem, Apple prüft die eingereichten Apps und verlangt Nachbesserungen, wenn sie nicht fehlerfrei laufen. Kein Grund zur Häme, wir hatten mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, aber inzwischen  funktioniert unser digitaler Führer Friedrich der Große in Berlin auf der Guidewriters-App aus dem AppStore tadellos. Hier gehts zur Vorschau.

Dienstag, 3. April 2012

Mehr Geld für die freie Szene

Die massiven Proteste der freien Szene gegen den Haushaltsentwurf des Senats haben Wirkung gezeigt, bei der Sitzung des Kulturausschusses am 26. März wurde beschlossen, zusätzlich eine Million Euro für diesen Kulturbereich zu bewilligen. Damit gibt sich die neu gegründete "Koalition der freien Szene" nicht zufrieden, nachzulesen in der Presseerklärung rechts (bitte anklicken).

Googles Kunstgalerie wächst um 30.000 Werke aus weltweiten Kunstsammlungen

Die Staatlichen Museen zu Berlin machen noch ein großes Geheimnis um ihre erweiterte Kooperation mit Google, die sie heute um 12.30 Uhr in der Rotunde des Alten Museums feierlich bekannt geben wollen. Die Chicago Tribune weiß bereits mehr: Das vor einem Jahr gestartete Google Art Project macht heute einen Quantensprung, die Zahl der dort digital verfügbaren Kunstwerke steigt von gut 1000 auf etwa 32.000, die Zahl der vertretenen Museen aus aller Welt von 17 auf 151. Für die Aufnahmen hat Google die Kameras aus seinem umstrittenen Street View Programm wiederverwendet. Einen ausführlichen Bericht finden sie hier.

Im Theater (33): "Der kleine Bruder" oder Mythos Kreuzberg für Zugezogene

Von Michael Bienert - Am Maxim-Gorki-Theater sind Romanadaptionen mächtig in Mode: von Fontanes „Effi Briest“ und Tolstois „Anna Karenina“ bis zu Christa Wolfs „Kindheitmuster“ und Jonathan Littells „Die Wohlgesinnten“ reicht das Repertoire. Am Wochenende war nun Sven Regeners 2008 erschienenes Buch „Der kleine Bruder“ dran, eine dialogreiche Aussteigergeschichte aus dem Westberlin der 1980er Jahre. Nachdem er sich durch einen fingierten Selbstmordversuch dem Wehrdienst in Bremen entziehen konnte, rumpelt Frank Lehmann mit dem Kumpel Wolli aus der Punkszene über die Transitstrecke in die gelobte Stadt. Sein älterer Bruder Manfred hat sich in der Kreuzberger Subkultur schon einen Namen als Schrottkünstler gemacht, aber als Frank dort eintrifft, findet er nur das leere Zimmer in einer Fabriketage vor. Zwei Tage und Nächte zieht er durch die Szene, trifft allerlei schräge Vögel und findet letztlich nicht nur den Bruder, sondern auch seine Bestimmung als Tresenkraft im Kreuzberger Nachtleben.