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Montag, 30. Dezember 2013

Guten Rutsch!

Trötrötrö! Wir wünschen allen Lesern einen guten Rutsch und viel Spaß im neuen Jahr!

Das Foto zeigt die Bauleitung der Reichsforschungssiedlung Haselhorst, aufgenommen etwa 1931/32. Michael Bienerts neues Buch Moderne Baukunst in Haselhorst ist im Berlin Story Verlag lieferbar.

Im Theater (51): Michael Thalheimers "Tartuffe" an der Schaubühne

Von Michael Bienert - Bei der Uraufführung von Molières „Tartuffe“ am 12. Mai 1664 amüsierte sich der französische König prächtig – und verbot kurz darauf alle öffentlichen Aufführungen des Stücks. Zu brisant war die Darstellung eines Heuchlers, der sich als frömmelnder Gottesmann in eine Bürgerfamilie einschleicht und sie um Hab und Gut bringt. Mit der Kirche war nicht zu spaßen, sie war der größte Grundbesitzer in Frankreich und neben dem Militär die wichtigste Stütze der königlichen Macht. Molière kämpfte jahrelang um eine Freigabe des Stücks, er schrieb es um und klebte ihm eine versöhnliche Schlusswendung an: Der hellsichtige König selbst durchschaut Tartuffe als Betrüger und wendet in letzter Minute die Katastrophe von seinen Opfern ab.
Dass der Regisseur Michael Thalheimer diesen nicht sehr zwingenden Schluss streichen würde, war zu erwarten: Seine Figuren bleiben immer rettungslos verloren. Sie quälen sich durch eine Welt ohne Hoffnung, egal ob es sich um die Atriden handelt, um Goethes Faust oder Proleten aus Stücken von Hauptmann. Erlösung - nein danke! Und so steht in Thalheimers „Tartuffe“-Version zuletzt das Dienstmädchen Dorine einsam an der Rampe und spricht apathisch die Sätze: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen. Herr, es ist Zeit zu handeln, man hat dein Gesetz gebrochen.“ Die Antwort ist: Licht aus, Nacht, Schwärze.

Mittwoch, 18. Dezember 2013

Digitales Archiv des Ersten Weltkrieges - Pläne der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zum Jahrestag des Kriegsausbruchs

Quelle: Europeana
Collections 1914-1918
Diesmal waren Bibliothekare die Avantgarde. Sie witterten schon vor Jahren die Chance, eine ganz neue, europäische Basis für die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg zu schaffen. Im Januar wird ein digitales Archiv mit 400 000 Plakaten, Akten, Feldpostbriefen, Kinderbüchern und anderen Dokumenten frei nutzbar sein, für das zehn Nationalbibliotheken aus acht Ländern ihre Bestände durchkämmt haben. Koordiniert hat das gigantische Projekt „Europeana Collections 1914–1918“ die Berliner Staatsbibliothek, die es Ende Januar auf einer internationalen Konferenz präsentieren wird. Weiterlesen im TAGESSPIEGEL

Weitere Informationen der Staatsbibliothek zum Themenjahr 1914

Sonntag, 15. Dezember 2013

Friedenauer Nachkriegszeit im Wendebuch

Bewohnern des Berliner Südwestens, die noch auf der Suche nach einem ungewöhnlichen Buchgeschenk zu Weihnachten sind, empfehlen wir das neue Buch des Verlags Friedenauer Brücke - genauer gesagt handelt es sich um zwei Bücher in einem Einband, also um ein (buchtechnisch gesprochen) Wendebuch. Es hat keine Rückseite, dafür zwei Frontcover mit verschiedenen Titeln. Zwischen den Buchdeckeln befinden sich zwei Buchblöcke des gleichen Formats, aber aus unterschiedlichen Papiersorten für einen Bild- und einen Textband. Der Bildband heißt Entlang der Rheinstraße 1945-1963 und enthält eine Fotodokumentation, die jeden faszinieren dürfte, der öfter auf dieser vielbefahrenen Verkehrsachse zwischen Innsbrucker und Walther-Schreiber-Platz unterwegs ist. Kaum zu glauben, wie ruinös es rund um das Friedenauer Rathaus nach dem Weltkrieg aussah! Als 1963 beim Besuch des US-Präsidenten John F. Kennedy dessen Wagenkolonne durch das Menschenspalier entlang der Rheinstraße fuhr, waren an vielen Stellen die Kriegsverluste noch sichtbar und die Straßenmitte für die Straßenbahn reserviert. - Die andere Hälfte des Buchblocks füllen Erinnerungen von Friedenauern an die Zeit von 1945 bis 1963, es handelt sich um die Fortsetzung der drei hervorragend recherchierten Friedenau-Lesebücher über den Zeitraum von 1871 bis 1945, die in den letzten Jahren bereits im selben Verlag erschienen sind. Erneut ist Hermann Ebling und Evelyn Weissberg ein außergewöhnliches Buch der Erinnerungen gelungen, wie man es sich auch für andere Kieze in Berlin wünscht.

Entlang der Rheinstraße 1945–1963
Friedenau erzählt 1945–1963 
Herausgegeben von Hermann Ebling und Evelyn Weissberg 
Hardcover, Format 22 x 22 cm, 316 Seiten, mit mehr als 250 Abbildungen in Duoton und über 50 Geschichten 
ISBN: 978-3-9816130-0-1 
39,00 €

Bestellung beim Verlag

Freitag, 13. Dezember 2013

Lonely Planet London

Bücherschaufenster in London
(Foto: Michael Bienert)
Von Elke Linda Buchholz - Sich in London zu orientieren, ist nicht leicht. Zu riesig? Nicht nur das. Die Stadt hat keinen Mittelpunkt. Sie ist nicht in konzentrischen Kreisen aufgebaut wie Paris. Sondern besteht aus asymmetrisch und unkontinuierlich im Laufe der Jahrhunderte zusammengewachsenen Zentren, Siedlungskernen, Knotenpunkten des Verkehrs, der Macht, der Kultur. Insgesamt eine ziemlich unübersichtliche Gemengelage. Wie also sich orientieren? Und im Überangebot spannender Möglichkeiten trotzdem nicht nur die altbekannten Supersehenswürdigkeiten abklappern?
Der Lonely Planet-Führer London verspricht Hilfe. Nach dem bewährten Motto des Verlagsgründers Tony Wheeler "Hat man sich erst einmal zum Reisen entschlossen, ist das Wichtigste auch schon geschafft" geht es los. Dicker und viel materialreicher als die sonstigen dünnen Highlightführer liegt das Paperback gut in der Hand und ist trotz seiner fast 500 Seiten nicht zu schwer für den Tagesrucksack. Eine Fülle von Informationen zu Gegenwart und Geschichte Londons haben die Autoren darin untergebracht. Allerlei Listen machen neugierig: mit Tourenvorschlägen für Familien, Aussichtspunkten, Friedhöfen, Musik Locations, Monatsveranstaltungen, Gratis-Vergnügungen, Kleinen Museen, Kuriosen Museen, Spezialmuseen, Tipps zu Lebensmittelmärkten, exotischen Fastfoodketten, Shopping Destinationen... Dann werden die wichtigsten Stadtviertel von West End bis East End, von Greenwich bis Hampstead in einzelnen Kapiteln mit ihren Sehenswürdigkeiten und Lokalen vorgestellt. Und schließlich darf man sich noch in Abrisse über die Geschichte, Literatur, Architektur (mit Neuzugängen wie dem gerade 2012 fertiggestellten Glitzerglashochhaus "The Shard"), Theater- oder Modeszene vertiefen. Sogar eine Liste klassischer London-Songs von den Sixties bis zu Adele ist dabei.
That´s a lot! Aber leider: die Orientierung! Sich in diesem Buch mit seinen tausend Kreuz- und Querverweisen zurechtzufinden, ist ein Kunststück. Zwar stößt man darin immer wieder auf tolle Entdeckungen, liest sich fest und schmiedet Pläne. Aber wie hieß noch gleich dieses verrückte Künstlermuseum, das nur montags abends zu besichtigen ist? Und in welchem Bezirk lag es? Stand das im Kapitel mit den Stadtvierteln? Oder in der Museumsliste? Oder bei Kunst? Irgendwo stand doch etwas dazu! Aber wo? Die über 40 Seiten Karten im Anhang sind zwar detailreich, aber sie zerschnippeln das Riesen-London in lauter kleine Häppchen. Der gute, alte, neue A-Z Greater London-Stadtplan ist eben doch unverzichtbar. Und orientieren? Ach, dann einfach los. Zu sehen gibt es genug...

Lonely Planet London. Mit Texten von Damian Harper, Steve Fallon, Emilie Filou, Vesna Maric, Sally Schafer. 496 Seiten, viele Abb., 4. dt. Auflage 2012, 19,99 Euro

Sonntag, 8. Dezember 2013

Läuten für die Fische - die Klee-Sammlungen der Nationalgalerie

Von Elke Linda Buchholz - Warum erst jetzt? Sanierungsdruck und Raumnot machen plötzlich möglich, was lange undenkbar schien. Bisher residierten die kapitalen Klee-Kollektionen des Museums Berggruen und der Sammlung Scharf-Gerstenberg hüben und drüben an der Charlottenburger Schloßstraße, im westlichen und östlichen Stülerbau, nach dem Willen der Sammler und Erben säuberlich getrennt. Etwa 30 Werke Paul Klees hatte Dieter Scharf zusammengetragen, fast 70 Arbeiten der Kunsthändler Heinz Berggruen. Dessen Klee-Konvolut war seit dem Frühjahr im sanierten Kommandantenhaus nebenan ausgestellt, das wegen Schimmel im Dachgeschoss aber schon wieder geschlossen ist. Nun sind beide Bestände in einer gemeinsamen Ausstellung vereinigt zu sehen. Lesen Sie den ganzen Beitrag auf tagesspiegel.de

Freitag, 6. Dezember 2013

Nationalgalerie Berlin Highlights

Die Sammlungen der Berliner Nationalgalerie sind seit Jahren nur ausschnittweise zu sehen, selbst Hauptwerke der Moderne müssen immer wieder ins Depot, weil der Platz fehlt. Demnächst soll auch noch der Mies-van-der-Rohe-Bau generalsaniert werden und voraussichtlich für vier Jahre geschlossen bleiben. Einen Überblick über die Prachtstücke der Sammlung - von Caspar David Friedrich bis Jeff Koons - gibt nun ein neuer Führer, elegant aufgemacht, zu dem Elke Linda Buchholz einige Texte (über Werke von Corinth, de Chririco, Nerlinger, Belling, Arp und Lotte Laserstein) beigesteuert hat. Leider ist dieses schöne Buch nicht im regulären Buchhandel erhältlich, sondern nur im Eigenvertrieb der Museen - und auch im Internet findet man es nur, wenn man sehr zielstrebig danach sucht. Aber das passt ja auch zur Unsichtbarkeit der grandiosen Kunstsammlung, die darin vorgestellt wird.

Nationalgalerie Berlin Highlights
Herausgegeben von Udo Kittelmann
347 Seiten, Berlin und Florenz 2013 (Scala)
19,80 Euro
Infos und Bestellung

Samstag, 30. November 2013

Literarische Führung zu Döblins "Berlin Alexanderplatz" am Nikolaustag

In Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität bietet Michael Bienert am 6. 12. 2013 ab 12 Uhr für Studenten eine Führung zu Alfred Döblins Roman "Berlin Alexanderplatz" an. Weitere Teilnehmer sind willkommen, der Preis für die ca. 2-stündige Führung auf den Spuren des Romanhelden Franz Biberkopf beträgt 7 Euro. Treffpunkt im U-Bahnhof Rosenthaler Platz auf dem Bahnsteig. Bitte melden Sie sich an!

Montag, 25. November 2013

Im Theater (50): Viel Lärm um nix. Leander Haußmann verjuxt "Hamlet" am Berliner Ensemble

Der unbekannte Sitznachbar in Reihe 13 stöhnt: „Hornbach!“ Vorne auf der Bühne hat Prinz Hamlet einen schweren Hammer ergriffen, um seinen königlichen Stiefvater ins Jenseits zu befördern. Dabei hat Hamlet es vor ein paar Sekunden erst richtig krachen lassen und Claudius höchst theatralisch mit Platzpatronen erschossen. Viel zu früh für die Handlung des Stücks, also steht die Figur gleich wieder auf. Nun folgt ein zweiter Versuch mit dem Hammer aus dem Theaterbaumarkt. Vergeblich, leider, denn das hätte den Abend doch erheblich abgekürzt.

Freitag, 22. November 2013

Reichsforschungssiedlung Haselhorst im Inforadio

Die Bauleitung der Reichsforschungssiedlung
Haselhorst im Jahr 1931
Harald Asel war bei der Buchpremiere von Moderne Baukunst in Haselhorst, hat mit dem Autor Michael Bienert gesprochen und berichtet darüber im Inforadio-Magazin "Umgeschichtet".

Hier können Sie den Beitrag hören!

Berliner Nachkriegsmoderne - ein Colloquium und ein neuer Architekturführer

Die architektonische Nachkriegsmoderne in Ost und West hatte keinen guten Ruf, als vor 24 Jahren die Mauer fiel. Entsprechend sorglos ging Berlin danach mit dem baulichen DDR-Erbe in Mitte um. Aber auch das Stadtbild rund um die Gedächtniskirche, das Zentrum West-Berlins, hat sich durch Abrisse und neue Hochhäuser dramatisch verändert. Inzwischen ist die Euphorie über das gebaute Nachwende-Berlin verflogen, die abgeschlossene Bauepoche der Jahre 1945 bis 1989 wird erheblich differenzierter betrachtet und erfährt zumindest teilweise eine neue Wertschätzung. So hat der Berliner Senat im Sommer 2012 den Antrag gestellt, die ehemalige Stalinallee in Ost-Berlin und die Bauten der Interbau 1957 im Hansaviertel für die Liste des Weltkulturerbes zu nominieren.
Die Hermann-Henselmann-Stiftung definiert den baulichen Wettstreit zwischen Ost und West in Berlin retrospektiv als Koevolution der Moderne. Unter diesem Titel veranstaltet sie am 16. Dezember 2013 ein Colloquium in der von Henselmann geplanten Kongresshalle am Alexanderplatz: 

"An keinem anderen Ort der Welt hat die politische Konfrontation zwischen Ost und West so deutliche Spuren in Architektur und Städtebau hinterlassen wie in Berlin. Die Konkurrenz der beiden konträren Gesellschaftssysteme führte in Berlin bereits vor dem Mauerbau 1961 zu einem einzigartigen Wettstreit in Städtebau und Architektur. Über einen Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren entstanden im ständigen Wechselspiel von Bau und Gegenbau nach Plänen renommierter Architekten beider Seiten einzigartige Wohnquartiere und Stadtensembles – im Osten an der Karl-Marx-Allee (vormals Stalinallee) und im Westen im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1957 (Hansaviertel, Corbusierhaus am Olympiastadion, Kongresshalle im Tiergarten, Akademie der Künste). Beiderseits des Brandenburger Tores an der großen Ost-West-Achse gelegen, repräsentieren sie in einmaliger Prägnanz, Dichte und Qualität die beiden seinerzeit international relevanten und durch die jeweiligen Besatzungsmächte geförderten Strömungen von Architektur und Städtebau der Nachkriegszeit.
Im Osten entwickelte sich an der Stalinallee ein dekorativer, regionaler Historismus (repräsentativer Boulevard mit «Wohnpalästen» und markanten Torplätzen), im Westen wurde mit der Interbau 1957 demonstrativ an die Internationale Moderne nach den Grundsätzen der Charta von Athen angeknüpft (aufgelockerter, durchgrünter Stadtgrundriss mit Wohnscheiben und Zeilenbauten verschiedener Maßstäbe). Während sich die DDR nach sowjetischem Vorbild Anfang der 1950er Jahre von der architektonischen und städtebaulichen Moderne abwandte, um keine zehn Jahre später, wiederum nach sowjetischem Vorbild, mit der Industrialisierung des Bauwesens nach und nach zu ihr zurückzukehren, vertrat der Westen lange Jahre uneingeschränkt das Konzept der `aufgelockerten und gegliederten Stadt´.
Was im geteilten Berlin der Nachkriegszeit politisch und ästhetisch in Konfrontation – als Bau und Gegenbau – entstand, lässt sich heute als Koevolution der Moderne zwischen Traditionalismus und Modernismus begreifen und als gemeinsames kulturelles Erbe neu deuten." Soweit der Ankündigungstext der Veranstaltung, hier finden Sie das Programm.

Noch weiter gespannt ist der Horizont in dem gerade neu erschienenen Architekturführer Baukunst der Nachkriegsmoderne. Berlin 1949-1979. Auch dieses Buch begreift das Bauen im geteilten Berlin als antagonistischen Prozeß, es gruppiert die vorgestellten Objekte daher nicht nach Ost oder West, sondern nach Funktionen: Kulturbauten, Geschäftsbauten, Hochschulen, Wohnanlagen usw. - So werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten an der Lösung vergleichbarer Bauaufgaben sichtbar. Eine abschließende Bewertung streben die Autoren nicht an. Erst einmal geht es darum, das Erbe der Nachkriegszeit neu wahrzunehmen und sich darüber klar zu werden, welche Qualität in den Gebäuden steckt. Wie die Bauten der Vorkriegsmoderne reagieren sie äußerst empfindlich auf Vernachlässigung und scheinbar geringe Detailveränderungen, was der reich illustrierte Band an etlichen Beispielen dokumentiert. Als Wegbegleiter für die Handtasche erheblich zu schwer, bietet sich das Buch eher als Nachschlage- und aktuelles Standardwerk an - und als Erinnerungsbuch an signifikante Bauten, die inzwischen der Abrissbirne zum Opfer gefallen sind wie das Schimmelpfeng-Haus an der Gedächtniskirche oder das Ahornblatt auf der Fischerinsel.

Adrian von Buttlar, Kerstin Wittmann-Englert und  Gabi Dolff-Bonekämper (Hrsg.):
Baukunst der Nachkriegsmoderne
Architekturführer 1949-1979
Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2013
473 Seiten, 640 Abb., 29,95 Euro
Verlagsinformation

Mittwoch, 20. November 2013

Reichsforschungssiedlung Haselhorst in der "taz" - und morgen in der Weihnachtskirche

Eine ganze Zeitungsseite widmet der Berlin-Teil der "taz" heute dem neuen Buch von Michael Bienert über Moderne Baukunst in Haselhorst. Es stellt Entstehung, Geschichte, Bewohner und Sanierung der ehemaligen Reichsforschungssiedlung erstmals im Zusammenhang dar: Es handelte sich um das größte und letzte Wohnungsbauprojekt der Weimarer Republik in Berlin. Morgen um 18 Uhr findet die Buchpremiere in der Weihnachtskirche am Haselhorster Damm 54 statt. Eintritt frei, Anmeldung erbeten unter s.mager@gewobag.de.

Der "taz"-Artikel ist jetzt auch online, eine weitere ausführliche Besprechung des Buches mit vielen Bildern finden Sie hier.

Nachtrag: Ab 13. September 2014 ist eine Museumswohnung in Haselhorst zu besichtigen. Mehr unter  http://www.gewobag.de/museumswohnung-1287.html

Dienstag, 12. November 2013

Stadtschreiber im Straßenrausch

Stadtschreiber heißt ein neues Mitmach-Angebot des Stadtmuseums Berlin im Internet, das heute freigeschaltet wurde. Auf der Museumswebsite entsteht eine digitale Karte mit ortsbezogenen Geschichten von Berlinern. Wir wurden eingeladen, gleich beim Start dabei zu sein. Im Beitrag "Straßenrausch" erzählt Michael Bienert vom Beginn seiner Journalistenlaufbahn als Autor der "taz" im Herbst 1989. Zum Text

Freitag, 8. November 2013

Papierballett in Potsdam

Sie wiegen nur sieben Gramm und setzen sich beim geringsten Luftzug in Bewegung: Die Papierfiguren der Marbacher Künstlerin Cäcilie Davidis drehen sich seit gestern abend im Potsdamer Einstein Forum, dort ist die Installation "Papierballett" noch bis Mitte Februar 2014 zu sehen. Über 120 Figuren umfasst die Ballett-Kompagnie mittlerweile, die auch schon im Gutenberg Museum in Mainz gastierte. An unsichtbaren Fäden hängen sie in Potsdam vor einer gelben Wand und werfen Schatten, die ebenso filigran wirken wie die Tänzerinnen selbst. Der Fotograf Chris Korner hat dieses Wechselspiel von Materie, Licht und Schatten in Schwarz-Weiß-Bildern fixiert. Von einer "Ästhetik der Entschwerung" sprach der Papierhistoriker und Literaturkritiker Lothar Müller bei der Eröffnung. Mit seiner Leichtigkeit, Sinnlichkeit und Poesie setzt das Papierballett einen anmutigen Kontrapunkt zu den intellektuellen Diskursen im Einstein-Forum. Die Installation ist bei Veranstaltungen und während der Bürozeiten, also werktags zwischen 9 und 17 Uhr, zu besichtigen.

Donnerstag, 7. November 2013

Herbstsalon im Maxim-Gorki-Theater eröffnet

Shermin Langhoff
"Da muss auch Bildende Kunst rein, denn Theater kann nicht alles erzählen", sagt Shermin Langhoff, die neue Intendantin des Maxim-Gorki-Theaters, dieser Gedanke habe sie schon seit Jahren begleitet. Also beginnt die neue Spielzeit mit einer Ausstellung, dem "Berliner Herbstsalon", geöffnet zehn Tage lang von mittags bis Mitternacht. Eintritt frei. Ein langer Parcours mit Kunstwerken und Installationen zieht sich durchs Theater, sein Verwaltungsgebäude und das Palais am Festungsgraben. Die Arbeiten schlagen eine Brücke zwischen dem neuen Ort und dem "postmigrantischen" Theater, das Shermin Langhoff aus dem Kreuzberg Off in das kleine Staatstheater mitgebracht hat. Es liegt hinter der Neuen Wache nah an der Straße Unter den Linden, die nach den Befreiungskriegen zu einer Triumph- und Heldengedenkstraße ausgebaut wurde, zu einem Ort, an dem das preußische und deutsche Nationalbewusstsein gepäppelt wurde - bis hin zur Einrichtung des Deutschen Historischen Museums und der Neugestaltung der Neuen Wache als Nationalgedenkstätte in der Kohl-Ära.
Aus dem noblen Palais am Festungsgraben, dem ehemaligen preußischen Finanzministerium, hat die türkisch-deutsche Künstlerin Nevin Aldag einen langen orientalischen Teppichläufer ausgerollt, eine einladende Geste an die Flaneure hinter der Neuen Wache. Oben im zweiten Stock liegt ein riesiger Angela-Merkel-Kopf wie ein Trümmerstück eines gigantischen Denkmals in einem Saal. An den Wänden hängen Fotos von Reiterdenkmälern wie dem Friedrich-Monument Unter den Linden oder dem "Goldenen Reiter" in Dresden, aus denen Kaya Behkalam die männlichen Herrscherfiguren sorgsam herausretuschiert hat. Nebenan bilden Teile eines Stuhls auf dem Boden das Wort "enqelab". Auf Farsi bedeutet das: Revolution. Der Künstler Azin Feizabadi hat es aus einem nachgebauten Sitz im ersten iranischen Parlamentgebäude geformt. Ein Hinweis auf die konstitutionelle Revolution in Persien von 1906 und zugleich ein Link zur Geschichte des Maxim-Gorki-Theaters, in dem nach der Märzrevolution von 1848 die Preußische Nationalversammlung tagte.
Im prächtigsten Saal des Palais hat der serbische Künstler Rasa Todosijevic Tische in Form eines Hakenkreuzes angeordnet, Reste eines Festbanketts werden sie ab morgen bedecken und unter dem Titel "Gott liebt die Serben" auf den aktuellen serbischen Nationalismus verweisen. Im Studio des Gorki projiziert Hakan Savas Mican Filmaufnahmen des Staatsgründers Atatürk und des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan auf ein weiß verhülltes Auto. Seine Installation beleuchtet die Verbindung von nationaler Rhetorik und technokratischen Heilsversprechen in der Türkei. Im Garten hinter dem Theater hängt eine riesige schwarze Haßkappe mit Strahlenkranz in den Bäumen und schwankt im Wind - sie wäre groß genug für die originale Freiheitsstatue in New York und stammt von dem in Bukarest geborenen Künstler Daniel Knorr.
So nehmen rund 30 Künstler und ein Kuratorenteam (Shermin Langhoff mit Cagla Ilk, Erden Kosova und Antje Weitzel), die aus verschiedenen Ländern und Kulturen stammen, den Nationalismus von gestern und heute, die internationale Finanzkrise und die aktuelle politische Szenerie kritisch in den Blick. Direkt auf das Theater lässt sich dieser Zugriff schwerlich übertragen, aber damit ist ein Horizont abgesteckt, vor dem künftig inszeniert werden soll. Am 15. November geht es los, mit der Premiere von Tschechows "Kirschgarten", einem modernen Klassiker in der Regie des in Ankara geborenen Nurkan Erpulat. Die Ausstellung zum Reinschnuppern in das Theater macht neugierig. Infos unter www.gorki.de

Mittwoch, 30. Oktober 2013

Leben nach Luther. Das evangelische Pfarrhaus im Deutschen Historischen Museum


Von Michael Bienert - Das hässliche Wort lässt sich dann doch nicht vermeiden: „Dachmarkenkampagne“ nennt Museumschef Alexander Koch den mehrjährigen Veranstaltungszirkus, der uns auf das bevorstehende Reformationsjubiläum einstimmen soll. 2017, also pünktlich 500 Jahre nach Luthers Thesenanschlag, plant das Deutsche Historische Museum eine große Ausstellung „über die globalen Auswirkungen der Reformation“ und träumt auch schon von Ausstellungsgastspielen in den USA. Doch ehe der Blick ins Weite schweift, ist erstmal eine gründliche deutsche Nabelschau angesagt. Unter dem frömmelnden Titel „Leben nach Luther“ richtet das Deutsche Historische Museum seine Schweinwerfer in die gute Stube des Protestantismus. Was ist dran am Mythos vom evangelischen Pfarrhaus als einem Milieu, das deutsche Dichter und Erfinder, Gesinnungstäter und Spitzenpolitiker auf die Erfolgsspur bringt? Lesen Sie die komplette Ausstellungskritik auf tagesspiegel.de

Zwei Klassiker: Architekturführer Berlin & London

Es ist kein Platz mehr in den Bücherregalen! Aber manche Wälzer sind dann doch (noch) als Arbeitswerkzeuge unentbehrlich, das wissen wir Berufsautoren aus Erfahrung. Der Architekturführer Berlin aus dem Reimer Verlag ist so ein Werk, mit dem wir uns rasch ein Bild machen, was in einer bestimmten Gegend der Stadt an wichtigen Bauwerken aller Epochen am Wegesrand steht. Leider haben solche Bücher die Neigung, von Auflage zu Auflage immer dicker und schwerer zu werden. Aber das ist in einer Stadt, in der so viel alte Architektur aufpoliert wird und neue entsteht wie in Berlin, ja auch irgendwie nicht zu vermeiden. Die 7. Auflage ist um 140 neue Objekte erweitert worden, erfasst rund 1000 Gebäude und Ensembles auf 632 Seiten mit 1888 Abbildungen. Der nach Bezirken gegliederte Führer bleibt eine wertvolle Orientierungshilfe, nur leider hat unser Vertrauen in seine Zuverlässigkeit einen schweren Dämpfer erhalten. Nachdem wir uns intensiver mit einem der vorgestellten Objekte (der Reichsforschungssiedlung Haselhorst) beschäftigt hatten, stellte sich heraus, dass der Eintrag voller Fehler steckte und zudem Wohnblocks aus einer später erbauten Nachbarsiedlung abgebildet waren. Die Autoren solcher Überblickswerke - wir kennen das Problem aus eigenen Büchern - können eben nicht Quellenforschung für jeden Eintrag leisten, sondern sind abhängig vom allgemein zugänglichen Wissens- und Forschungsstand.
In der Buchhandlung der Tate Modern in London fanden wir das Gegenstück zu dem Berliner Werk, den Guide to the Architecture of London von Edward Jones und Christopher Woodward für 16,99 Pfund (unter 20 Euro). Genau das, was wir brauchten, um einzuordnen, was uns auf den Wegen durch die Stadt an Bauwerken ins Auge fiel. In Format und Gewicht fast identisch, wirkt der Londoner Führer dennoch übersichtlicher, die Informationen zu den Bauwerken sind knapper gehalten, dafür ist das Buch durchgängig farbig bebildert. Auch wenn man es nicht ständig mitschleppen mag, ist es sehr nützlich als Nachschlagewerk, in dem man abends nach Streifzügen durch die Stadt rasch wiederfindet, was man unterwegs angestaunt hat.

Martin Wörner, Karl-Heinz Hüter, Paul Sigel, Doris Mollenschott: 
Architekturführer Berlin. Reimer Verlag, 7. Auflage, Berlin 2013, 632 Seiten, 29,95 Euro

Edward Jones und Christopher Woodward: Guide to the Architecture of London. Orion Publishing Group, 30. Auflage, London 2013, 496 Seiten, 16,99 Pfund

Dienstag, 29. Oktober 2013

Wien - Berlin. Die Ausstellung in der Berlinischen Galerie

Von Elke Linda Buchholz - Sardonisches Lächeln, unheimlich schwarze Augenhöhlen und ein präzise auf Schweinerosa eincollagiertes Ohr: dem eiskalten Machtmenschen auf Friedl Dickers Gemälde 'Das Verhör' von 1934 möchte man nicht in der Opferrolle gegenübersitzen. Die Wiener Malerin war eine der markantesten Protagonistinnen der österreichischen Avantgarde der zwanziger Jahre, hatte am Bauhaus studiert und in Berlin gelebt. 1944 wurde die Kommunistin in Auschwitz ermordet. Jetzt hängt ihr Werk neben den eindringlichen Menschenschilderungen ihrer Berliner Kollegin Lotte Laserstein. Die Jüdin musste 1937 emigrieren. Schon 1927 macht sich auf ihrem Bild 'Im Gasthaus' Wartesaalstimmung breit. Das Frauenbildnis galt seit der Aktion 'Entartete Kunst' als verschollen. Nach über achtzig Jahren im Kunsthandel aufgetaucht, ist es nun erstmals zu sehen.

Freitag, 25. Oktober 2013

Es begann am Potsdamer Platz: 90 Jahre Rundfunk in Deutschland

Im Vox­-Haus, Potsdamer Straße 4, ging am 29. Oktober 1923 um 20 Uhr erstmals die „Berliner Funkstunde“ auf Sendung . Damit begann die Geschichte des öffentlichen Rundfunks in Deutschland . 1926 erreichte die „Funkstunde“ schon über 500.000 Hörer. Neben Morgengymnastik im Sendestudio bot das Programm Hörspiele, Diskussionen, Konzert- und Opernübertragungen.

On 29th October 1923 the “Berliner Funkstunde” programme was broadcast for the first time in Vox­-Haus, Potsdamer Strasse 4 . This was the beginning of public broadcasting in Germany. In 1926 the Programme was listened to by over 500.000 listeners. As well as morning exercise in the studio the programme offered discussions, radio plays, concerts and opera broadcasts.

Text und Bild aus Michael Bienert: Potsdamer Platz. Am Puls von Berlin. Berlin Story Verlag, Berlin 2013

Dienstag, 22. Oktober 2013

Kulturstaatsminister Bernd Neumann gibt sein Amt auf

Bei der Eröffnung des Kleist-Museums und der Grundsteinlegung für die James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel ließ sich Bernd Neumann (CDU) in der vergangenen Woche bereits vertreten, seit heute ist es offiziell: Er wird einer neuen Bundesregierung nicht mehr angehören, sondern will sich neuen Aufgaben widmen. In seiner Amtszeit hat Neumann mit großem Engagement und Geschick dafür gesorgt, dass die Kulturausgaben des Bundes stetig wuchsen, verbunden mit der Aufforderung an die Länder und Gemeinden, trotz finanzieller Probleme die Ausgaben für Kunst und Bildung wenigstens nicht zu kürzen. Neumann hatte das Amt seit 2005 inne, sein uneitles und effektives Eintreten für die Künste wurde über Parteigrenzen hinweg geschätzt.

Samstag, 19. Oktober 2013

Weltkulturerbe und Matschepampe. Grundsteinlegung der James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel

Der Bauplatz am Kupfergraben, rechts das
Pergamonmuseum
Dass die alte Mitte der Hauptstadt in einem eiszeitlichen Urstromtal liegt, lernen Berliner Kinder schon in der Grundschule. Also müsste jeder, der dort baut, wissen, wie tückisch der Untergrund ist. Das Stadtschloss, die Festungswerke und die Prachtbauten an der Straße Unter den Linden wurden mit Zehntausenden von Eichen- und Kiefernpfählen im sumpfigen Sandboden verankert. Doch Kenntnis historischer Stadtpläne scheint unter den Fachleuten, die bei Bauprojekten in der Stadtmitte mitzureden haben, kaum vorhanden zu sein.
So kommt es immer wieder zu Bauverzögerungen und Kostenexplosionen, die angeblich niemand vorhersehen konnte. Jüngstes Beispiel ist die 2010 begonnenen Sanierung der Staatsoper, die eigentlich im kommenden Frühjahr wiedereröffnet werden sollte. Alte Kieferpfähle im Untergrund sind angeblich dafür verantwortlich dafür, dass die Senatsbauverwaltung sich mittlerweile hütet, einen Fertigstellungstermin zu nennen. Und vor dem Neuen Museum waren seit drei Jahren Taucher und Spezialmaschinen damit beschäftigt, festen Grund für das geplante zentrale Empfangsgebäude der Museumsinsel zu finden. Überraschend lud nun die Stiftung Preußischer Kulturbesitz zur Grundsteinlegung ein, obwohl der größte Teil des Bauplatzes nach wie vor unter Wasser steht.
Zeitkapsel mit dem Inhalt des Grundsteins:
Baupläne, Münzen, die Zeitung vom Tage,
ein Brief und ein Bild von James Simon
Die erste Firma, die den Auftrag erhielt, schaffte es nicht, stabile Bohrpfähle in das eiszeitlichen Matschepampe vor dem Neuen Museum zu rammen. Der Pfusch musste erst beseitigt, das Vorhaben neu ausgeschrieben werden. Von 71 Millionen Euro sind die Baukosten schon auf 98,8 Millionen Euro gestiegen. Die zuerst beauftragte Firma hat sich zahlungsunfähig gemeldet, die Mehrkosten trägt der Steuerzahler, denn die Bauvorhaben der Preußenstiftung auf der Museumsinsel finanziert der Bund. Die Stiftung will allerdings keinen zusätzlichen Geldbedarf anmelden, sondern das Problem durch Umschichtungen in ihrem Etat lösen.
Mit dem Architekten David Chipperfield, der den neuen Eingangsbereich gestaltet, hat sie gute Erfahrungen gemacht: Sein Wiederaufbau des benachbarten Neuen Museums kostete am Ende sogar 40 Millionen Euro weniger als veranschlagt. Chipperfields Gebäude soll jährlich drei Millionen Besucher der Museumsinsel elegant auffangen und genügend Platz für Kassen, Garderoben, Museumshop, Museumscafé, ein Auditorium und sonstige Funktionsräume bieten. Hoch über der Spree wird eine lange Kolonnade zum Flanieren einladen, ähnlich wie bei Chipperfields Literaturmuseum der Moderne in Marbach. Zugleich verlängert der Entwurf die bestehenden Kolonnaden um die Alte Nationalgalerie auf der Museumsinsel, so dass diese zukünftig fast zu Hälfte von überdachten Promenierzonen eingefasst sein wird.
Der Deckstein des Grundsteins
Der neue Empfangsbereich wird James-Simon-Galerie heißen, in Erinnerung an den wichtigsten Mäzen der Berliner Museen. Sie verdanken ihm rund 10.000 Sammlungsstücke, darunter Highlights wie die Nofretete-Büste und das Ischtar-Tor. James Simon starb 1932, sechs Jahre später wurden alle Hinweise auf seine Stiftungen aus dem Museum entfernt, da er aus einer jüdischen Familie stammte. Zur Grundsteinlegung reisten mehrere Nachkommen nach Berlin, die heute in den USA leben. Die moderne architektonischen Visitenkarte der James-Simon-Galerie rückt künftig auch die Rolle des jüdischen Bürgertums beim Aufstieg der Museumsinsel zum Weltkulturerbe stärker in den Blick.

Erstdruck: STUTTGARTER ZEITUNG vom 19. Oktober 2013

Freitag, 18. Oktober 2013

Rätsel. Kämpfe. Brüche. Die neue Dauerausstellung im erweiterten Kleist-Museum

Von Michael Bienert - Das Kleist-Museum in Frankfurt/Oder hat einen Neubau erhalten, außen spröde und kantig, um dem kleineren barocken Altbau nicht die Schau zu stehlen, innen jedoch angenehm hell, freundlich, geräumig und zweckmäßig. Die neue Dauerausstellung mit dem Titel "Rätsel. Kämpfe. Brüche." beginnt im Obergeschoss und erstreckt sich über beide Gebäude. Zu einem gewagten Schnitt hat sich die Kuratorin Barbara Gribnitz entschlossen: Werk und Leben präsentiert sie scharf getrennt, die Rezeptionsgeschichte bleibt ausgeblendet - oder aber künftigen Sonderausstellungen vorbehalten. Eine tiefe Skepsis gegenüber der bisherigen Überlieferungs- und Deutungsgeschichte des Autors ist hinter dieser Entscheidung zu spüren. Stattdessen versucht die Ausstellung, sogleich in medias res zu gehen und den Besucher mit der eigentümlichen Kleistschen Sprache zu konfrontieren.

Den ersten Raum erleuchten etwa zwanzig Lichtkörper in Kodexform, Schmetterlingen gleich, auf deren Flügeln Kleist-Zitate und Erläuterungen zu Schriftbild, Satzbau, Rhythmus, Versmaß oder Interpunktion zu lesen sind. Ein Videoprojektion an der Längswand weitet den fensterlosen Raum, abstrakte Ornamente ziehen sachte von links nach rechts: Nichts soll von den Wörtern und Sätzen Kleists ablenken, kein vorgegebenes Bild soll sich in die Rezeption mengen.
Der zweite Raum ist von dünnen Stangen bis zur Decke vergittert, ein Labyrinth, dessen Ausgang man erst suchen muss. Dabei reagieren Sensoren auf den Besucher, mit Lichtblitzen starten an manchen Stellen Kleist-Zitate zu Hören, sie dringen aus kleinen Lautsprechern, die in den schwarzen Gitterstangen der Rauminstallation versteckt sind. Die Zitate sollen knapp in zentrale Themen von Kleist Werk einführen: Zufall, Recht, Gewalt, Identität. Vertieft wird das Wort-Raum-Erlebnis bei Bedarf durch umfangreiches Text- und Bildmaterial auf einem iPad, das ebenfalls auf unsichtbare Sensoren im Raum reagiert.

Samstag, 5. Oktober 2013

Moderne Baukunst in Haselhorst

Michael Bienerts nächstes Buch über Moderne Baukunst in Haselhorst ist druckfertig und wird spätestens Mitte November im Handel erhältlich sein. Bereits heute berichtet der TAGESSPIEGEL ausführlich über einen Stadtspaziergang durch die modernisierte Reichsforschungssiedlung Haselhorst und gibt einen Vorgeschmack auf das Buch.

Die Buchpremiere findet am 21. 11. 2014 ab 18 Uhr in der Weihnachtskirche in Haselhorst statt. Eintritt frei.
Anmeldung erbeten unter
s.mager(at)gewobag.de

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Der Himmel über Berlin im Oktober

Zum Vergrößern anklicken.
...ist vom Fernsehturm aus gesehen besonders großartig. Der Blick geht in Richtung Norden, wo wir wohnen, und reicht bis zur Stadtgrenze, die durch die Windräder markiert wird. Im Vordergrund der Rosa-Luxemburg-Platz mit der Volksbühne, dahinter der Prenzlauer Berg.

Freitag, 20. September 2013

Leichter die passende Stadtführung finden...

Zur neu gestalteten Seite hier klicken
Wir verlieren auf unserer Website langsam auch den Überblick. Aber wir arbeiten dran, bei laufendem Betrieb mehr Übersichtlichkeit in die Inhalte zu bringen. Zuerst kommen die Verteilerknoten dran. Ab heute präsentiert sich die Hauptseite der Rubrik "Stadtführungen" in einem neuen Kleid. Nach und nach werden auch die untergeordeten Seiten renoviert.

Donnerstag, 19. September 2013

Kästners Berlin

Das ist sie, die berühmteste literarische Litfaßsäule Berlins, hinter der sich der kleine Emil in Kästners Kinderroman "Emil und die Detektive" versteckt. Dahinter, auf der anderen Straßenseite der Bundesallee, befand sich die Terrasse des Café Josty, auf der das Buch geschrieben wurde und wo im Roman der Dieb Grundeis Eier im Glas verspeist.
Für das rbb-Heimatjournal stand Michael Bienert gestern mit Ulli Zelle am literarischen Schauplatz vor der Kamera, Sendetermin ist der 21. September 2013 ab 19 Uhr. Und natürlich können Sie auch Führungen mit Michael Bienert durch Kästners Berlin buchen!

Montag, 16. September 2013

Denkmalschutzprojekte in Rheinland-Pfalz und dem Saarland

Eine neue Broschüre mit Texten von Elke Linda Buchholz zu Denkmalschutzprojekten in Rheinland-Pfalz und dem Saarland ist erschienen. Sie können sie hier bestellen, am besten gleich zusammen mit der von uns mitverfassten Broschüre über Förderprojekte der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Berlin - gratis! Mehr

Freitag, 13. September 2013

Berliner Literaturhäuser protestieren gegen Kulturhaushalt

Gesprächskultur im Literaturforum
Die Stadt Berlin leistet sich fünf Literaturhäuser mit eigenständigem Profil - das LCB, LesArt, das Literaturforum im Brecht-Haus, die Literaturwerkstatt und das Literaturhaus in der Fasanenstraße -, hat aber die Zuschüsse in den vergangenen 15 Jahren nicht erhöht und plant auch für die kommenden Jahre keine Besserung der finanziellen Situation. Dagegen protestieren jetzt die Leiterinnen und Leiter der fünf Institutionen in einem Offenen Brief an den Senat.

Literarische Stadtführungen für die gymnasiale Oberstufe (Zentralabitur)

Dichter im Gebüsch:
E. T. A. Hoffmann ist ein beliebtes Abithema
Regelmäßig erreichen uns Anfragen von Deutschlehrern, die mit Kursteilnehmern der gymnasialen Oberstufe das literarische Berlin erkunden wollen. Wir haben uns darauf eingestellt und können Führungen anbieten, die Zentralabiturthemen ebenso berücksichtigen wie die aktuelle Lektüre im Unterricht. Weiterlesen

Donnerstag, 12. September 2013

Der rothaarige Engel - Otto Sander ist tot

Otto Sander auf Youtube
Otto Sander ist nicht als Star geboren worden, obwohl ihn eine Lokalzeitung 1941 zum schönsten Baby von Peine kürte. Er war ein blasser, rothaariger, sommersprossiger und sehr schüchterner Junge. Seine Mitschüler hänselten ihn, die Mädchen übersahen ihn. Immer hatte er Angst, dass sich jemand über sein Aussehen lustig macht.
Zum jugendlichen Helden auf dem Theater war er völlig unbrauchbar. Aber er versteckte sich nicht, er traute sich ins Rampenlicht und machte das Beste aus seinen Unvollkommenheiten. Dafür liebte ihn das Publikum.
Der Vater diente im Krieg als Schiffsingenieur auf See und auch der Sohn Otto ging nach dem Abitur zur Marine. Dem Seefahrer, Kabarettisten und Poeten Joachim Ringelnatz fühlt er sich besonders nah. Schräge Vögel, irgendwie schief ins Leben gekommen waren beide. Und wie es der Zufall will: In der Rolle eines deutschen U-Boot-Helden, der sein Wissen um die Sinnlosigkeit des Krieges in Alkohol ersäuft, hatte Sander einen seiner unvergesslichen Filmauftritte. In Wolfgang Petersens Film „Das Boot“ nimmt er in einer kurzen Suffszene das ganze Drama der U-Boot-Besatzungen vorweg, das danach mit viel Action ausgewalzt wird.
Solche Nebenfiguren wurden bei ihm immer zu eindringlichen Hauptfiguren, das war eine seiner Stärken. Der ältere, von ihm bewunderte Kollege Bernhard Minetti nannte Otto Sander respektvoll einen der größten Chargenspieler überhaupt. Seine Schauspielausbildung machte er an der Otto-Falckenberg-Schule in München. Dort lief ihm Peter Stein über den Weg, der damals Regieassistent oder vielmehr Kaffeeholer beim alten Fritz Kortner war. Eine schicksalhafte Begegnung. Als Stein 1970 die Berliner Schaubühne übernahm, wollte er Sander unbedingt in seinem Ensemble haben. Neben Jutta Lampe, Edith Clever, Bruno Ganz hat er der Schaubühne ihr Gesicht gegeben.
Der knorrige Sander war unverwechselbar, aber im Rückblick auf seine Rollen auch erstaunlich verwandlungsfähig. Er war eine Idealbesetzung für die verstörten Männer in den Stücken von Botho Strauß und für Tschechows Melancholiker in den legendären Stein-Inszenierungen. Er war aber auch ein großer Komiker, schon wegen seiner Statur. Machtfiguren und Bösewichtern verlieh er eine anrührende Labilität, so seinem Amphitryon in Grübers Berliner Kleist-Inszenierung oder dem eher passiven Usurpator Claudius in Zadeks „Hamlet“ mit Angela Winkler in der Titelrolle.
„Wenn man auf irgendetwas festgelegt ist, muß man es ändern“, hat Sander einmal gesagt. Eigensinnig war er und rastlos. Vor der Kamera erholte er sich vom Theaterspielen und umgekehrt, dazwischen trat er als Rezitator auf und las im Studio. Seine Stimme war so widerborstig wie sein Aussehen. Aber Sander beherrschte sein eigenartiges Instrument virtuos. Als Sprecher besaß so etwas wie ein absolutes Gehör für den richtigen Ton. In Wim Wenders „Der Himmel über Berlin“ spielte er den Schutzengel Cassiel an der Seite von Bruno Ganz. Seitdem wissen wir, dass Engel keine Flügel brauchen. Sie binden die Haare zum Pferdeschwanz und vergraben die Hände in den Taschen ihrer langen dunklen Mäntel. Sie führen Buch über ihre Schutzbefohlenen, leiden mit ihnen und wissen oft nicht zu helfen. Sie sind unergründlich traurig. Wenn die Engel sich ausruhen, dann am liebsten hoch oben auf der Berliner Siegessäule, auf der Riesenschulter der preußischen Viktoria. Vielleicht sitzt Otto Sander jetzt dort. Heute ist der Schauspieler nach langer Krankheit gestorben.

Antrag auf Abriss der Kant-Garagen abgelehnt!

Foto: Bundesarchiv
Wie der Tagesspiegel berichtet, lehnt der Charlottenburger Baustadtrat den Antrag des Eigentümers auf Abriss der Kant-Garagen ab. Dabei hat er die Rückendeckung des Stadtplanungsausschusses der Bezirksverordnetenversammlung. Zahlreiche Experten aus der Architekturszene und Denkmalpflege hatten gegen den Abriss der 1930 errichteten Hochgarage protestiert (siehe den Offenen Brief). Mehr zum aktuellen Stand lesen Sie hier.

Freitag, 6. September 2013

Perlen für den Rucksack

Unter diesem Titel besprechen die Potsdamer Neuesten Nachrichten unser neues Buch Potsdam - Weltkulturerbe im Wandel, kritisch und nicht unfreundlich im Gesamturteil.
Hier lesen

Baudenkmal Bundesschule Bernau

Moderne Architektur, eingebettet
in die märkische Landschaft:
die ADGB-Bundesschule auf
dem Cover der Neuerscheinung
Bei dem schönen Wetter, das am Wochenende zu erwarten ist, empfehlen wir einen Ausflug nach Bernau zur ehemaligen Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftbundes (ADGB). Seit August 2012 steht sie auf der UNESCO-Welterbeliste. Übermorgen, am 8. Sepember 2013, ist sie im Rahmen des Tages des offenen Denkmals von 10.30 Uhr bis 13 Uhr für Besucher geöffnet und es finden Führungen statt. 

Die ehemalige Gewerkschaftsschule entstand zwischen 1928 und 1930 nach Plänen des Bauhausdirektors Hannes Meyer und seines Partner Hans Wittwer, in der Nazizeit wurde sie zur "Reichsführerschule" umfunktioniert. Soeben ist ein kleines Buch erschienen, das die Geschichte des Baudenkmals Revue passieren lässt und die Sehenswürdigkeiten der Anlage vorstellt:

Günter Thoms / Peter Steininger: 

Die ADGB-Bundesschule Bernau in Berli. 
E. A. Seemann Verlag 2013
48 Seiten, 9.95 €
Inhalt und Leseprobe

Mittwoch, 4. September 2013

Letzter Aufruf zum Sonntagsspaziergang in Haselhorst

Treppenhaus im Laubenganghaus
von Mebes & Emmerich
Die Liste der Voranmeldungen ist bereits lang, nur noch wenige haben die Gelegenheit, am kommenden Sonntag, dem 8. September ab 11 Uhr an einer kostenlosen Führung mit Michael Bienert und dem Landschaftarchitekten Peter Schmidt-Seifert durch die ehemalige Reichsforschungssiedlung teilzunehmen. Die Veranstaltung findet im Rahmen des Tages des offenen Denkmals statt. Hier erfahren Sie mehr. Anmeldung erbeten unter Telefon 030 4708-1526 oder Mail an a.zauritz@gewobag.de

Dienstag, 3. September 2013

Dringender Appell: Rettet die Kant-Garagen!

Quelle: Bundesarchiv/Wikimedia
Hinweis: Zum aktuellen Stand der Auseinandersetzungen um die Kant-Garagen siehe den Beitrag aus der Berliner Zeitung vom 11. März 2014.

Der drohende Abriss der Kant-Garagen war sogar die New York Times einen ausführlichen Bericht wert (hier lesen).

In einem offenen Brief protestieren zahlreiche Fachleute aus Denkmalpflege, Architekturszene und Publizistik gegen den verantwortungslosen Umgang mit dem Baudenkmal. Auch wir gehören zu den Unterzeichnern.


Sehr geehrter Herr Pepper, 
sehr geehrter Herr Senator Müller, 
sehr geehrter Herr Bezirksstadtrat Schulte,

am 1. August 2013 hat die Öffentlichkeit über Medien vom geplanten Abriss des Kant-Garagen- Palastes in Berlin-Charlottenburg erfahren. Wir, die Unterzeichner, appellieren an den Eigentümer und an alle Verantwortlichen, die Kant-Garage zu erhalten. Wir bitten, vorliegende Gutachten zum Erhaltungszustand des Bauwerks und seiner wirtschaftlichen Nutzung öffentlich zugänglich zu machen. Wir bieten unsere Mithilfe an, insbesondere unsere fachliche Expertise und Erfahrung auf dem Gebiet der Denkmalsanierung, um Möglichkeiten der Instandsetzung und wirtschaftlich zumutbaren Denkmalnutzung zu entwickeln. Wir bitten deshalb, ein Moratorium zu gewähren, das die Chance eröffnet, mit Fachleuten, Finanziers und möglichen Nutzern ein gemeinsames Konzept zur Instandsetzung und zum Weiterbetrieb der Hochgarage zu erarbeiten.

Dienstag, 27. August 2013

Meret Oppenheim im Martin-Gropius-Bau

Von Elke Linda Buchholz - Wo ist die legendäre Pelztasse? Meret Oppenheims berühmtester Coup fehlt in der großen Retrospektive zum 100. Geburtstag. Ihr selbst wäre das vielleicht ganz recht gewesen. Dass alle Welt ihren Namen noch Jahrzehnte später immer nur auf dieses eine geniale Unikat reduzierte, nervte die Künstlerin. Beharrlich weigerte sie sich, die Pelztasse als Multiple herauszugeben.

Als Alfred Barr das mit chinesischem Gazellenfell gefütterte Frühstücksset 1936 in einer Pariser Galerie entdeckte, verfrachtete er es sofort ins Museum of Modern Art in New York. Das haarige Ambivalenzobjekt, das hinterlistig mit Berührungslust und Ekel des Betrachters spielt, wurde zu einer Ikone des Surrealismus. Aus einem Augenblickseinfall im Café geboren, verkörperte das Objekt der 23jährigen Künstlerin perfekt die surrealistischen Methode, Zufall und Unterbewusstes als Ideenquell anzuzapfen.

Mittwoch, 21. August 2013

Kurswechsel: Stiftung Preußischer Kulturbesitz will ein Museum des 20. Jahrhunderts am Kulturforum

Die Neue Nationalgalerie soll erweitert werden.
Fotos vom Baugrundstück finden sie hier.


Von Michael Bienert - Die Spatzen zwitscherten es schon von den Dächern, seit Mittwoch ist es offiziell: Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz gibt ihre Pläne auf, eine neue Gemäldegalerie für die Alten Meister neben der Museumsinsel zu bauen. Statt dessen soll Mies van der Rohes Neue Nationalgalerie am Kulturforum in etwa zehn Jahren einen Erweiterungsbau bekommen, um die Kunst des 20. Jahrhunderts in der Hauptstadt angemessen zu präsentieren. Damit zieht die Stiftung die Konsequenz aus dem heftigen Berliner Museumsstreit des vergangenen Jahres. Auslöser war eine Finanzspritze von 10 Millionen Euro, die Kulturstaatsminister Bernd Neumann beim Haushaltausschuss des Bundestages locker gemacht hatte. Mit dem Geld sollte möglichst rasch die Umgestaltung der Gemäldegalerie am Kulturforum zu einer Galerie des 20. Jahrhunderts in Angriff genommen werden. Denn ohne konkrete Aussicht auf ein großes Museum der Moderne droht Berlin ein dicker Fisch durchs Netz zu schlüpfen: Die auf 150 Millionen Euro Marktwert geschätzte Surrealistensammlung des Sammlerehepaares Pietzsch wird die Preußenstiftung nur geschenkt bekommen, wenn es eine realistische Perspektive gibt, diese Werke zusammen mit der Sammlung der Neuen Nationalgalerie dauerhaft auszustellen.

Dienstag, 20. August 2013

Berliner Kulturpolitik: Bloß keine offene Diskussion!

Die Berliner Kulturpolitik macht sich lächerlich. Ausnahmsweise ließ sich der amtierende Kultursenator Klaus Wowereit gestern mal im Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses blicken, um den Doppelhaushalt für die kommenden beiden Jahre vorzustellen - aber eine offene Aussprache darüber lehnten die Regierungsfraktionen SPD und CDU ab, woraufhin die Oppositionsvertreter den Saal verließen. Wie üblich beantwortete dann Kulturstaatssekretär André Schmitz die vorher eingereichten Fragen sachkundig und souverän - doch man hat den Eindruck, dass Kulturpolitik nur noch verwaltet, nicht gestaltet wird. 27 Millionen Euro zusätzlich will Berlin in den nächsten zwei Jahren für Kultur ausgeben, um den Status quo aufrecht zu erhalten: Bei den großen Institutionen werden drohende Finanzlöcher gestopft, die Freie Szene geht leer aus. Und auch der Traum, die Szene werde in großem Umfang von der geplanten City Tax profitieren, ist längst geplatzt. Die Berliner Regierungskoalition stellt sich taub für die Nöte der Künstler und Kreativen, die mehrheitlich keine Festanstellung in den Kunstinstitutionen haben - das ist armselig und gar nicht sexy.

Montag, 19. August 2013

Spenden für Siegfried Kracauer

Siegfried Kracauer
Quelle: Wikimedia
So läuft das in Berlin: Der Senat ruft ein Themenjahr zum Gedenken an die nationalsozialistische Machtübernahme vor 80 Jahren aus und lässt für viel Geld mobile Litfaßsäulen herstellen, die an die verfolgten und vertriebenen Mitbürger erinnern, darunter auch an den glänzenden Essayisten und Kritiker Siegfried Kracauer. Eine Bürgerinitiative bemüht sich darum, die Kracauer-Säule am Kracauerplatz in Charlottenburg, nahe der letzten Wohnadresse des Autors (Sybelstraße 35), aufzustellen.  Aber das Bezirksamt Charlottenburg besteht darauf, dass dafür erst einmal eine Verwaltungsgebühr zu entrichten sei. Die "Erteilung der Ausnahmegenehmigung einmalig nach der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOst)" kostet 102 Euro, ein Erlass sei nicht möglich, "um keinen Präzedenzfall zu schaffen", so die Behörde. Was tun die Kracauer-Freunde? Sie sammeln, innerhalb eines Tages kamen aus Kleinspenden schon zwei Drittel der benötigten Summe zusammen. Für den Transport und die Instandhaltung der Säule müssen sie selbstverständlich ebenfalls aufkommen. Soviel zum Thema: Unterstützung des bürgerschaftlichen Engagements durch die Berliner Verwaltung!

Foto der Säule
Spenden nimmt Joachim Neu entgegen!

Samstag, 10. August 2013

Potsdam - Weltkulturerbe im Wandel

Unser neues Buch ist erschienen und ab sofort lieferbar!

Michael Bienert, Elke Linda Buchholz, Alexander Rost
Potsdam. Weltkulturerbe im Wandel
224 Seiten, 134 Abbildungen, 14,95 EUR
Ellert & Richter Verlag 2013


Mehr Infos

Sonntag, 21. Juli 2013

Mit Karl Philipp Moritz durch Berlin - Zusatztermin am 10. August 2013

"Bei seinen Spaziergängen fand er nun immer einen besondern Reiz darin, Gegenden in der Stadt aufzusuchen, wo er noch gar nicht gewesen war. Seine Seele erweiterte sich dann immer, es war ihm, als ob er aus dem engen Kreise seine Daseins einen Sprung gewagt hätte; die alltäglichen Ideen verloren sich, und große angenehme Aussichten, Labyrinthe der Zukunft eröffneten sich vor ihm", heißt es in Karl Philipp Moritz´ Roman "Anton Reiser". Rund 25 Spaziergänger nahmen gestern an der ersten Stadtführung zu "Moritz im Berlin der Aufklärung" teil und waren begeistert. "Sie haben uns ein neues Berlin gezeigt", lautete ein spontaner Kommentar am Ende der zweistündigen Stadterkundung. Wegen der großen Nachfrage gibt es einen Zusatztermin am 10. August um 14 Uhr, Treffpunkt U-Klosterstraße (Bahnsteig). Mehr Infos unter www.text-der-stadt.de/moritz.html