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Mittwoch, 30. Oktober 2013

Leben nach Luther. Das evangelische Pfarrhaus im Deutschen Historischen Museum


Von Michael Bienert - Das hässliche Wort lässt sich dann doch nicht vermeiden: „Dachmarkenkampagne“ nennt Museumschef Alexander Koch den mehrjährigen Veranstaltungszirkus, der uns auf das bevorstehende Reformationsjubiläum einstimmen soll. 2017, also pünktlich 500 Jahre nach Luthers Thesenanschlag, plant das Deutsche Historische Museum eine große Ausstellung „über die globalen Auswirkungen der Reformation“ und träumt auch schon von Ausstellungsgastspielen in den USA. Doch ehe der Blick ins Weite schweift, ist erstmal eine gründliche deutsche Nabelschau angesagt. Unter dem frömmelnden Titel „Leben nach Luther“ richtet das Deutsche Historische Museum seine Schweinwerfer in die gute Stube des Protestantismus. Was ist dran am Mythos vom evangelischen Pfarrhaus als einem Milieu, das deutsche Dichter und Erfinder, Gesinnungstäter und Spitzenpolitiker auf die Erfolgsspur bringt? Lesen Sie die komplette Ausstellungskritik auf tagesspiegel.de

Zwei Klassiker: Architekturführer Berlin & London

Es ist kein Platz mehr in den Bücherregalen! Aber manche Wälzer sind dann doch (noch) als Arbeitswerkzeuge unentbehrlich, das wissen wir Berufsautoren aus Erfahrung. Der Architekturführer Berlin aus dem Reimer Verlag ist so ein Werk, mit dem wir uns rasch ein Bild machen, was in einer bestimmten Gegend der Stadt an wichtigen Bauwerken aller Epochen am Wegesrand steht. Leider haben solche Bücher die Neigung, von Auflage zu Auflage immer dicker und schwerer zu werden. Aber das ist in einer Stadt, in der so viel alte Architektur aufpoliert wird und neue entsteht wie in Berlin, ja auch irgendwie nicht zu vermeiden. Die 7. Auflage ist um 140 neue Objekte erweitert worden, erfasst rund 1000 Gebäude und Ensembles auf 632 Seiten mit 1888 Abbildungen. Der nach Bezirken gegliederte Führer bleibt eine wertvolle Orientierungshilfe, nur leider hat unser Vertrauen in seine Zuverlässigkeit einen schweren Dämpfer erhalten. Nachdem wir uns intensiver mit einem der vorgestellten Objekte (der Reichsforschungssiedlung Haselhorst) beschäftigt hatten, stellte sich heraus, dass der Eintrag voller Fehler steckte und zudem Wohnblocks aus einer später erbauten Nachbarsiedlung abgebildet waren. Die Autoren solcher Überblickswerke - wir kennen das Problem aus eigenen Büchern - können eben nicht Quellenforschung für jeden Eintrag leisten, sondern sind abhängig vom allgemein zugänglichen Wissens- und Forschungsstand.
In der Buchhandlung der Tate Modern in London fanden wir das Gegenstück zu dem Berliner Werk, den Guide to the Architecture of London von Edward Jones und Christopher Woodward für 16,99 Pfund (unter 20 Euro). Genau das, was wir brauchten, um einzuordnen, was uns auf den Wegen durch die Stadt an Bauwerken ins Auge fiel. In Format und Gewicht fast identisch, wirkt der Londoner Führer dennoch übersichtlicher, die Informationen zu den Bauwerken sind knapper gehalten, dafür ist das Buch durchgängig farbig bebildert. Auch wenn man es nicht ständig mitschleppen mag, ist es sehr nützlich als Nachschlagewerk, in dem man abends nach Streifzügen durch die Stadt rasch wiederfindet, was man unterwegs angestaunt hat.

Martin Wörner, Karl-Heinz Hüter, Paul Sigel, Doris Mollenschott: 
Architekturführer Berlin. Reimer Verlag, 7. Auflage, Berlin 2013, 632 Seiten, 29,95 Euro

Edward Jones und Christopher Woodward: Guide to the Architecture of London. Orion Publishing Group, 30. Auflage, London 2013, 496 Seiten, 16,99 Pfund

Dienstag, 29. Oktober 2013

Wien - Berlin. Die Ausstellung in der Berlinischen Galerie

Von Elke Linda Buchholz - Sardonisches Lächeln, unheimlich schwarze Augenhöhlen und ein präzise auf Schweinerosa eincollagiertes Ohr: dem eiskalten Machtmenschen auf Friedl Dickers Gemälde 'Das Verhör' von 1934 möchte man nicht in der Opferrolle gegenübersitzen. Die Wiener Malerin war eine der markantesten Protagonistinnen der österreichischen Avantgarde der zwanziger Jahre, hatte am Bauhaus studiert und in Berlin gelebt. 1944 wurde die Kommunistin in Auschwitz ermordet. Jetzt hängt ihr Werk neben den eindringlichen Menschenschilderungen ihrer Berliner Kollegin Lotte Laserstein. Die Jüdin musste 1937 emigrieren. Schon 1927 macht sich auf ihrem Bild 'Im Gasthaus' Wartesaalstimmung breit. Das Frauenbildnis galt seit der Aktion 'Entartete Kunst' als verschollen. Nach über achtzig Jahren im Kunsthandel aufgetaucht, ist es nun erstmals zu sehen.

Freitag, 25. Oktober 2013

Es begann am Potsdamer Platz: 90 Jahre Rundfunk in Deutschland

Im Vox­-Haus, Potsdamer Straße 4, ging am 29. Oktober 1923 um 20 Uhr erstmals die „Berliner Funkstunde“ auf Sendung . Damit begann die Geschichte des öffentlichen Rundfunks in Deutschland . 1926 erreichte die „Funkstunde“ schon über 500.000 Hörer. Neben Morgengymnastik im Sendestudio bot das Programm Hörspiele, Diskussionen, Konzert- und Opernübertragungen.

On 29th October 1923 the “Berliner Funkstunde” programme was broadcast for the first time in Vox­-Haus, Potsdamer Strasse 4 . This was the beginning of public broadcasting in Germany. In 1926 the Programme was listened to by over 500.000 listeners. As well as morning exercise in the studio the programme offered discussions, radio plays, concerts and opera broadcasts.

Text und Bild aus Michael Bienert: Potsdamer Platz. Am Puls von Berlin. Berlin Story Verlag, Berlin 2013

Dienstag, 22. Oktober 2013

Kulturstaatsminister Bernd Neumann gibt sein Amt auf

Bei der Eröffnung des Kleist-Museums und der Grundsteinlegung für die James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel ließ sich Bernd Neumann (CDU) in der vergangenen Woche bereits vertreten, seit heute ist es offiziell: Er wird einer neuen Bundesregierung nicht mehr angehören, sondern will sich neuen Aufgaben widmen. In seiner Amtszeit hat Neumann mit großem Engagement und Geschick dafür gesorgt, dass die Kulturausgaben des Bundes stetig wuchsen, verbunden mit der Aufforderung an die Länder und Gemeinden, trotz finanzieller Probleme die Ausgaben für Kunst und Bildung wenigstens nicht zu kürzen. Neumann hatte das Amt seit 2005 inne, sein uneitles und effektives Eintreten für die Künste wurde über Parteigrenzen hinweg geschätzt.

Samstag, 19. Oktober 2013

Weltkulturerbe und Matschepampe. Grundsteinlegung der James-Simon-Galerie auf der Museumsinsel

Der Bauplatz am Kupfergraben, rechts das
Pergamonmuseum
Dass die alte Mitte der Hauptstadt in einem eiszeitlichen Urstromtal liegt, lernen Berliner Kinder schon in der Grundschule. Also müsste jeder, der dort baut, wissen, wie tückisch der Untergrund ist. Das Stadtschloss, die Festungswerke und die Prachtbauten an der Straße Unter den Linden wurden mit Zehntausenden von Eichen- und Kiefernpfählen im sumpfigen Sandboden verankert. Doch Kenntnis historischer Stadtpläne scheint unter den Fachleuten, die bei Bauprojekten in der Stadtmitte mitzureden haben, kaum vorhanden zu sein.
So kommt es immer wieder zu Bauverzögerungen und Kostenexplosionen, die angeblich niemand vorhersehen konnte. Jüngstes Beispiel ist die 2010 begonnenen Sanierung der Staatsoper, die eigentlich im kommenden Frühjahr wiedereröffnet werden sollte. Alte Kieferpfähle im Untergrund sind angeblich dafür verantwortlich dafür, dass die Senatsbauverwaltung sich mittlerweile hütet, einen Fertigstellungstermin zu nennen. Und vor dem Neuen Museum waren seit drei Jahren Taucher und Spezialmaschinen damit beschäftigt, festen Grund für das geplante zentrale Empfangsgebäude der Museumsinsel zu finden. Überraschend lud nun die Stiftung Preußischer Kulturbesitz zur Grundsteinlegung ein, obwohl der größte Teil des Bauplatzes nach wie vor unter Wasser steht.
Zeitkapsel mit dem Inhalt des Grundsteins:
Baupläne, Münzen, die Zeitung vom Tage,
ein Brief und ein Bild von James Simon
Die erste Firma, die den Auftrag erhielt, schaffte es nicht, stabile Bohrpfähle in das eiszeitlichen Matschepampe vor dem Neuen Museum zu rammen. Der Pfusch musste erst beseitigt, das Vorhaben neu ausgeschrieben werden. Von 71 Millionen Euro sind die Baukosten schon auf 98,8 Millionen Euro gestiegen. Die zuerst beauftragte Firma hat sich zahlungsunfähig gemeldet, die Mehrkosten trägt der Steuerzahler, denn die Bauvorhaben der Preußenstiftung auf der Museumsinsel finanziert der Bund. Die Stiftung will allerdings keinen zusätzlichen Geldbedarf anmelden, sondern das Problem durch Umschichtungen in ihrem Etat lösen.
Mit dem Architekten David Chipperfield, der den neuen Eingangsbereich gestaltet, hat sie gute Erfahrungen gemacht: Sein Wiederaufbau des benachbarten Neuen Museums kostete am Ende sogar 40 Millionen Euro weniger als veranschlagt. Chipperfields Gebäude soll jährlich drei Millionen Besucher der Museumsinsel elegant auffangen und genügend Platz für Kassen, Garderoben, Museumshop, Museumscafé, ein Auditorium und sonstige Funktionsräume bieten. Hoch über der Spree wird eine lange Kolonnade zum Flanieren einladen, ähnlich wie bei Chipperfields Literaturmuseum der Moderne in Marbach. Zugleich verlängert der Entwurf die bestehenden Kolonnaden um die Alte Nationalgalerie auf der Museumsinsel, so dass diese zukünftig fast zu Hälfte von überdachten Promenierzonen eingefasst sein wird.
Der Deckstein des Grundsteins
Der neue Empfangsbereich wird James-Simon-Galerie heißen, in Erinnerung an den wichtigsten Mäzen der Berliner Museen. Sie verdanken ihm rund 10.000 Sammlungsstücke, darunter Highlights wie die Nofretete-Büste und das Ischtar-Tor. James Simon starb 1932, sechs Jahre später wurden alle Hinweise auf seine Stiftungen aus dem Museum entfernt, da er aus einer jüdischen Familie stammte. Zur Grundsteinlegung reisten mehrere Nachkommen nach Berlin, die heute in den USA leben. Die moderne architektonischen Visitenkarte der James-Simon-Galerie rückt künftig auch die Rolle des jüdischen Bürgertums beim Aufstieg der Museumsinsel zum Weltkulturerbe stärker in den Blick.

Erstdruck: STUTTGARTER ZEITUNG vom 19. Oktober 2013

Freitag, 18. Oktober 2013

Rätsel. Kämpfe. Brüche. Die neue Dauerausstellung im erweiterten Kleist-Museum

Von Michael Bienert - Das Kleist-Museum in Frankfurt/Oder hat einen Neubau erhalten, außen spröde und kantig, um dem kleineren barocken Altbau nicht die Schau zu stehlen, innen jedoch angenehm hell, freundlich, geräumig und zweckmäßig. Die neue Dauerausstellung mit dem Titel "Rätsel. Kämpfe. Brüche." beginnt im Obergeschoss und erstreckt sich über beide Gebäude. Zu einem gewagten Schnitt hat sich die Kuratorin Barbara Gribnitz entschlossen: Werk und Leben präsentiert sie scharf getrennt, die Rezeptionsgeschichte bleibt ausgeblendet - oder aber künftigen Sonderausstellungen vorbehalten. Eine tiefe Skepsis gegenüber der bisherigen Überlieferungs- und Deutungsgeschichte des Autors ist hinter dieser Entscheidung zu spüren. Stattdessen versucht die Ausstellung, sogleich in medias res zu gehen und den Besucher mit der eigentümlichen Kleistschen Sprache zu konfrontieren.

Den ersten Raum erleuchten etwa zwanzig Lichtkörper in Kodexform, Schmetterlingen gleich, auf deren Flügeln Kleist-Zitate und Erläuterungen zu Schriftbild, Satzbau, Rhythmus, Versmaß oder Interpunktion zu lesen sind. Ein Videoprojektion an der Längswand weitet den fensterlosen Raum, abstrakte Ornamente ziehen sachte von links nach rechts: Nichts soll von den Wörtern und Sätzen Kleists ablenken, kein vorgegebenes Bild soll sich in die Rezeption mengen.
Der zweite Raum ist von dünnen Stangen bis zur Decke vergittert, ein Labyrinth, dessen Ausgang man erst suchen muss. Dabei reagieren Sensoren auf den Besucher, mit Lichtblitzen starten an manchen Stellen Kleist-Zitate zu Hören, sie dringen aus kleinen Lautsprechern, die in den schwarzen Gitterstangen der Rauminstallation versteckt sind. Die Zitate sollen knapp in zentrale Themen von Kleist Werk einführen: Zufall, Recht, Gewalt, Identität. Vertieft wird das Wort-Raum-Erlebnis bei Bedarf durch umfangreiches Text- und Bildmaterial auf einem iPad, das ebenfalls auf unsichtbare Sensoren im Raum reagiert.

Samstag, 5. Oktober 2013

Moderne Baukunst in Haselhorst

Michael Bienerts nächstes Buch über Moderne Baukunst in Haselhorst ist druckfertig und wird spätestens Mitte November im Handel erhältlich sein. Bereits heute berichtet der TAGESSPIEGEL ausführlich über einen Stadtspaziergang durch die modernisierte Reichsforschungssiedlung Haselhorst und gibt einen Vorgeschmack auf das Buch.

Die Buchpremiere findet am 21. 11. 2014 ab 18 Uhr in der Weihnachtskirche in Haselhorst statt. Eintritt frei.
Anmeldung erbeten unter
s.mager(at)gewobag.de

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Der Himmel über Berlin im Oktober

Zum Vergrößern anklicken.
...ist vom Fernsehturm aus gesehen besonders großartig. Der Blick geht in Richtung Norden, wo wir wohnen, und reicht bis zur Stadtgrenze, die durch die Windräder markiert wird. Im Vordergrund der Rosa-Luxemburg-Platz mit der Volksbühne, dahinter der Prenzlauer Berg.