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Samstag, 30. November 2013

Literarische Führung zu Döblins "Berlin Alexanderplatz" am Nikolaustag

In Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität bietet Michael Bienert am 6. 12. 2013 ab 12 Uhr für Studenten eine Führung zu Alfred Döblins Roman "Berlin Alexanderplatz" an. Weitere Teilnehmer sind willkommen, der Preis für die ca. 2-stündige Führung auf den Spuren des Romanhelden Franz Biberkopf beträgt 7 Euro. Treffpunkt im U-Bahnhof Rosenthaler Platz auf dem Bahnsteig. Bitte melden Sie sich an!

Montag, 25. November 2013

Im Theater (50): Viel Lärm um nix. Leander Haußmann verjuxt "Hamlet" am Berliner Ensemble

Der unbekannte Sitznachbar in Reihe 13 stöhnt: „Hornbach!“ Vorne auf der Bühne hat Prinz Hamlet einen schweren Hammer ergriffen, um seinen königlichen Stiefvater ins Jenseits zu befördern. Dabei hat Hamlet es vor ein paar Sekunden erst richtig krachen lassen und Claudius höchst theatralisch mit Platzpatronen erschossen. Viel zu früh für die Handlung des Stücks, also steht die Figur gleich wieder auf. Nun folgt ein zweiter Versuch mit dem Hammer aus dem Theaterbaumarkt. Vergeblich, leider, denn das hätte den Abend doch erheblich abgekürzt.

Freitag, 22. November 2013

Reichsforschungssiedlung Haselhorst im Inforadio

Die Bauleitung der Reichsforschungssiedlung
Haselhorst im Jahr 1931
Harald Asel war bei der Buchpremiere von Moderne Baukunst in Haselhorst, hat mit dem Autor Michael Bienert gesprochen und berichtet darüber im Inforadio-Magazin "Umgeschichtet".

Hier können Sie den Beitrag hören!

Berliner Nachkriegsmoderne - ein Colloquium und ein neuer Architekturführer

Die architektonische Nachkriegsmoderne in Ost und West hatte keinen guten Ruf, als vor 24 Jahren die Mauer fiel. Entsprechend sorglos ging Berlin danach mit dem baulichen DDR-Erbe in Mitte um. Aber auch das Stadtbild rund um die Gedächtniskirche, das Zentrum West-Berlins, hat sich durch Abrisse und neue Hochhäuser dramatisch verändert. Inzwischen ist die Euphorie über das gebaute Nachwende-Berlin verflogen, die abgeschlossene Bauepoche der Jahre 1945 bis 1989 wird erheblich differenzierter betrachtet und erfährt zumindest teilweise eine neue Wertschätzung. So hat der Berliner Senat im Sommer 2012 den Antrag gestellt, die ehemalige Stalinallee in Ost-Berlin und die Bauten der Interbau 1957 im Hansaviertel für die Liste des Weltkulturerbes zu nominieren.
Die Hermann-Henselmann-Stiftung definiert den baulichen Wettstreit zwischen Ost und West in Berlin retrospektiv als Koevolution der Moderne. Unter diesem Titel veranstaltet sie am 16. Dezember 2013 ein Colloquium in der von Henselmann geplanten Kongresshalle am Alexanderplatz: 

"An keinem anderen Ort der Welt hat die politische Konfrontation zwischen Ost und West so deutliche Spuren in Architektur und Städtebau hinterlassen wie in Berlin. Die Konkurrenz der beiden konträren Gesellschaftssysteme führte in Berlin bereits vor dem Mauerbau 1961 zu einem einzigartigen Wettstreit in Städtebau und Architektur. Über einen Zeitraum von mehr als zwanzig Jahren entstanden im ständigen Wechselspiel von Bau und Gegenbau nach Plänen renommierter Architekten beider Seiten einzigartige Wohnquartiere und Stadtensembles – im Osten an der Karl-Marx-Allee (vormals Stalinallee) und im Westen im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1957 (Hansaviertel, Corbusierhaus am Olympiastadion, Kongresshalle im Tiergarten, Akademie der Künste). Beiderseits des Brandenburger Tores an der großen Ost-West-Achse gelegen, repräsentieren sie in einmaliger Prägnanz, Dichte und Qualität die beiden seinerzeit international relevanten und durch die jeweiligen Besatzungsmächte geförderten Strömungen von Architektur und Städtebau der Nachkriegszeit.
Im Osten entwickelte sich an der Stalinallee ein dekorativer, regionaler Historismus (repräsentativer Boulevard mit «Wohnpalästen» und markanten Torplätzen), im Westen wurde mit der Interbau 1957 demonstrativ an die Internationale Moderne nach den Grundsätzen der Charta von Athen angeknüpft (aufgelockerter, durchgrünter Stadtgrundriss mit Wohnscheiben und Zeilenbauten verschiedener Maßstäbe). Während sich die DDR nach sowjetischem Vorbild Anfang der 1950er Jahre von der architektonischen und städtebaulichen Moderne abwandte, um keine zehn Jahre später, wiederum nach sowjetischem Vorbild, mit der Industrialisierung des Bauwesens nach und nach zu ihr zurückzukehren, vertrat der Westen lange Jahre uneingeschränkt das Konzept der `aufgelockerten und gegliederten Stadt´.
Was im geteilten Berlin der Nachkriegszeit politisch und ästhetisch in Konfrontation – als Bau und Gegenbau – entstand, lässt sich heute als Koevolution der Moderne zwischen Traditionalismus und Modernismus begreifen und als gemeinsames kulturelles Erbe neu deuten." Soweit der Ankündigungstext der Veranstaltung, hier finden Sie das Programm.

Noch weiter gespannt ist der Horizont in dem gerade neu erschienenen Architekturführer Baukunst der Nachkriegsmoderne. Berlin 1949-1979. Auch dieses Buch begreift das Bauen im geteilten Berlin als antagonistischen Prozeß, es gruppiert die vorgestellten Objekte daher nicht nach Ost oder West, sondern nach Funktionen: Kulturbauten, Geschäftsbauten, Hochschulen, Wohnanlagen usw. - So werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten an der Lösung vergleichbarer Bauaufgaben sichtbar. Eine abschließende Bewertung streben die Autoren nicht an. Erst einmal geht es darum, das Erbe der Nachkriegszeit neu wahrzunehmen und sich darüber klar zu werden, welche Qualität in den Gebäuden steckt. Wie die Bauten der Vorkriegsmoderne reagieren sie äußerst empfindlich auf Vernachlässigung und scheinbar geringe Detailveränderungen, was der reich illustrierte Band an etlichen Beispielen dokumentiert. Als Wegbegleiter für die Handtasche erheblich zu schwer, bietet sich das Buch eher als Nachschlage- und aktuelles Standardwerk an - und als Erinnerungsbuch an signifikante Bauten, die inzwischen der Abrissbirne zum Opfer gefallen sind wie das Schimmelpfeng-Haus an der Gedächtniskirche oder das Ahornblatt auf der Fischerinsel.

Adrian von Buttlar, Kerstin Wittmann-Englert und  Gabi Dolff-Bonekämper (Hrsg.):
Baukunst der Nachkriegsmoderne
Architekturführer 1949-1979
Dietrich Reimer Verlag, Berlin 2013
473 Seiten, 640 Abb., 29,95 Euro
Verlagsinformation

Mittwoch, 20. November 2013

Reichsforschungssiedlung Haselhorst in der "taz" - und morgen in der Weihnachtskirche

Eine ganze Zeitungsseite widmet der Berlin-Teil der "taz" heute dem neuen Buch von Michael Bienert über Moderne Baukunst in Haselhorst. Es stellt Entstehung, Geschichte, Bewohner und Sanierung der ehemaligen Reichsforschungssiedlung erstmals im Zusammenhang dar: Es handelte sich um das größte und letzte Wohnungsbauprojekt der Weimarer Republik in Berlin. Morgen um 18 Uhr findet die Buchpremiere in der Weihnachtskirche am Haselhorster Damm 54 statt. Eintritt frei, Anmeldung erbeten unter s.mager@gewobag.de.

Der "taz"-Artikel ist jetzt auch online, eine weitere ausführliche Besprechung des Buches mit vielen Bildern finden Sie hier.

Nachtrag: Ab 13. September 2014 ist eine Museumswohnung in Haselhorst zu besichtigen. Mehr unter  http://www.gewobag.de/museumswohnung-1287.html

Dienstag, 12. November 2013

Stadtschreiber im Straßenrausch

Stadtschreiber heißt ein neues Mitmach-Angebot des Stadtmuseums Berlin im Internet, das heute freigeschaltet wurde. Auf der Museumswebsite entsteht eine digitale Karte mit ortsbezogenen Geschichten von Berlinern. Wir wurden eingeladen, gleich beim Start dabei zu sein. Im Beitrag "Straßenrausch" erzählt Michael Bienert vom Beginn seiner Journalistenlaufbahn als Autor der "taz" im Herbst 1989. Zum Text

Freitag, 8. November 2013

Papierballett in Potsdam

Sie wiegen nur sieben Gramm und setzen sich beim geringsten Luftzug in Bewegung: Die Papierfiguren der Marbacher Künstlerin Cäcilie Davidis drehen sich seit gestern abend im Potsdamer Einstein Forum, dort ist die Installation "Papierballett" noch bis Mitte Februar 2014 zu sehen. Über 120 Figuren umfasst die Ballett-Kompagnie mittlerweile, die auch schon im Gutenberg Museum in Mainz gastierte. An unsichtbaren Fäden hängen sie in Potsdam vor einer gelben Wand und werfen Schatten, die ebenso filigran wirken wie die Tänzerinnen selbst. Der Fotograf Chris Korner hat dieses Wechselspiel von Materie, Licht und Schatten in Schwarz-Weiß-Bildern fixiert. Von einer "Ästhetik der Entschwerung" sprach der Papierhistoriker und Literaturkritiker Lothar Müller bei der Eröffnung. Mit seiner Leichtigkeit, Sinnlichkeit und Poesie setzt das Papierballett einen anmutigen Kontrapunkt zu den intellektuellen Diskursen im Einstein-Forum. Die Installation ist bei Veranstaltungen und während der Bürozeiten, also werktags zwischen 9 und 17 Uhr, zu besichtigen.

Donnerstag, 7. November 2013

Herbstsalon im Maxim-Gorki-Theater eröffnet

Shermin Langhoff
"Da muss auch Bildende Kunst rein, denn Theater kann nicht alles erzählen", sagt Shermin Langhoff, die neue Intendantin des Maxim-Gorki-Theaters, dieser Gedanke habe sie schon seit Jahren begleitet. Also beginnt die neue Spielzeit mit einer Ausstellung, dem "Berliner Herbstsalon", geöffnet zehn Tage lang von mittags bis Mitternacht. Eintritt frei. Ein langer Parcours mit Kunstwerken und Installationen zieht sich durchs Theater, sein Verwaltungsgebäude und das Palais am Festungsgraben. Die Arbeiten schlagen eine Brücke zwischen dem neuen Ort und dem "postmigrantischen" Theater, das Shermin Langhoff aus dem Kreuzberg Off in das kleine Staatstheater mitgebracht hat. Es liegt hinter der Neuen Wache nah an der Straße Unter den Linden, die nach den Befreiungskriegen zu einer Triumph- und Heldengedenkstraße ausgebaut wurde, zu einem Ort, an dem das preußische und deutsche Nationalbewusstsein gepäppelt wurde - bis hin zur Einrichtung des Deutschen Historischen Museums und der Neugestaltung der Neuen Wache als Nationalgedenkstätte in der Kohl-Ära.
Aus dem noblen Palais am Festungsgraben, dem ehemaligen preußischen Finanzministerium, hat die türkisch-deutsche Künstlerin Nevin Aldag einen langen orientalischen Teppichläufer ausgerollt, eine einladende Geste an die Flaneure hinter der Neuen Wache. Oben im zweiten Stock liegt ein riesiger Angela-Merkel-Kopf wie ein Trümmerstück eines gigantischen Denkmals in einem Saal. An den Wänden hängen Fotos von Reiterdenkmälern wie dem Friedrich-Monument Unter den Linden oder dem "Goldenen Reiter" in Dresden, aus denen Kaya Behkalam die männlichen Herrscherfiguren sorgsam herausretuschiert hat. Nebenan bilden Teile eines Stuhls auf dem Boden das Wort "enqelab". Auf Farsi bedeutet das: Revolution. Der Künstler Azin Feizabadi hat es aus einem nachgebauten Sitz im ersten iranischen Parlamentgebäude geformt. Ein Hinweis auf die konstitutionelle Revolution in Persien von 1906 und zugleich ein Link zur Geschichte des Maxim-Gorki-Theaters, in dem nach der Märzrevolution von 1848 die Preußische Nationalversammlung tagte.
Im prächtigsten Saal des Palais hat der serbische Künstler Rasa Todosijevic Tische in Form eines Hakenkreuzes angeordnet, Reste eines Festbanketts werden sie ab morgen bedecken und unter dem Titel "Gott liebt die Serben" auf den aktuellen serbischen Nationalismus verweisen. Im Studio des Gorki projiziert Hakan Savas Mican Filmaufnahmen des Staatsgründers Atatürk und des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan auf ein weiß verhülltes Auto. Seine Installation beleuchtet die Verbindung von nationaler Rhetorik und technokratischen Heilsversprechen in der Türkei. Im Garten hinter dem Theater hängt eine riesige schwarze Haßkappe mit Strahlenkranz in den Bäumen und schwankt im Wind - sie wäre groß genug für die originale Freiheitsstatue in New York und stammt von dem in Bukarest geborenen Künstler Daniel Knorr.
So nehmen rund 30 Künstler und ein Kuratorenteam (Shermin Langhoff mit Cagla Ilk, Erden Kosova und Antje Weitzel), die aus verschiedenen Ländern und Kulturen stammen, den Nationalismus von gestern und heute, die internationale Finanzkrise und die aktuelle politische Szenerie kritisch in den Blick. Direkt auf das Theater lässt sich dieser Zugriff schwerlich übertragen, aber damit ist ein Horizont abgesteckt, vor dem künftig inszeniert werden soll. Am 15. November geht es los, mit der Premiere von Tschechows "Kirschgarten", einem modernen Klassiker in der Regie des in Ankara geborenen Nurkan Erpulat. Die Ausstellung zum Reinschnuppern in das Theater macht neugierig. Infos unter www.gorki.de