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Mittwoch, 26. Februar 2014

Raus aus dem Depot! - Die Initiative "Kunst auf Lager"

Im Archäologischen Zentrum der
Stiftung Preußischer Kulturbesitz
werden Kunstwerke optimal
gelagert. 
Von Michael Bienert - Der Elektro-Oldtimer, den das Porsche-Museum seit Januar stolz als ältesten Original-Porsche präsentiert, verstaubte 103 Jahre lang unerkannt in einem Außendepot des Wiener Technikmuseums. Ein Fingerzeig, welches unentdeckte Potential in den Sammlungen von Museen vermutet werden darf. 60 bis 90 Prozent der Bestände bekommen die Besucher üblicherweise nie zu Gesicht. Dabei fehlt es oft nur an wenig  Geld, um Kulturgüter von enormem Wert in einen vorzeigbaren Zustand zu bringen.
In kritischem Zustand seien nicht nur jahrhundertalte Kunstwerke, so Philip Kurz von der Wüstenrot Stiftung, sondern auch viele relativ junge Arbeiten – vor allem, wenn die Künstler mit Materialien wie Fett, Lebensmitteln, Kunststoffen oder elektrischen Geräten experimentierten: „Hier betreten wir konservatorisches und restauratorisches Neuland.“ Ältere Kulturgüter seien oft durch mangelhafte Lagerbedingungen gefährdet. „Dabei genügt oft nur eine neue Tür, ein Fenster oder ein neues Regalsystem, um die Depots zu optimieren.“
Die Initiative „Kunst auf Lager“, die sich am Mittwoch in Berlin der Öffentlichkeit vorstellte, will Abhilfe schaffen. Neben der in Ludwigsburg ansässigen Wüstenrot Stiftung engagieren sich auch die Volkswagenstiftung aus Wolfsburg, die Hamburger ZEIT-Stiftung, die Niedersächsische Sparkassenstiftung, insgesamt zwölf an der Zahl, dabei soll es indes nicht bleiben. Sie alle möchten die rund 6000 Museen in Deutschland ermutigen, sich wieder stärker den verborgenen Schätzen in den eigenen Depots zu widmen. Zu sehr habe in den vergangenen Jahren der Fokus auf spektakulären Neuwerbungen und Wechselausstellungen gelegen, kritisiert Martin Hoernes von der Kulturstiftung der Länder. Dabei sei die Pflege des Bestands mindestens ebenso wichtig wie Ankäufe.

Montag, 24. Februar 2014

Die Gärten Venedigs - wirklich und unwirklich

Von Elke Linda Buchholz - Venedig ist aus Wasser und Stein gebaut. Bis an den Rand füllt das Zauberwerk der Architekten und Ingenieure den Körper der Stadt. Nicht der ideale Platz für Pflanzen, Bäume, saftiges Grünen und Blühen. Und doch: "Giardino Eden" steht auf dem Klingelschild am Kanal Rio delle Croce auf der Giudecca. Leider bleibt das Tor an der Fußgängerbrücke, die hinüber auf das Grundstück führt, verschlossen. Hinter Mauern erahnt man ernste Zypressen, verträumte Statuen, weitläufiges Terrain. Eine lauschige Loggia bröckelt in der salzigen Lagunenluft.
1884 hatte ein reiches englisches Ehepaar das Nutzgartengelände erworben: Caroline und Frederick Eden liehen dem Garten ihren biblischen Namen. In seinem 1903 erschienenen Buch "A Garden in Venice" schildert Sir Eden, wie sie hier am stadtabgewandten Rand der Serenissima einen romantischen Traum verwirklichten. Obst und Gemüse durften weiterhin reifen, hinzukamen Weinreben, Madonnenlilien, hunderte Rosenstöcke, von weither. Künstlerfreunde auf Italientrip flochten literarische Erinnerungsspuren. (Der 19jährige Jean Cocteau dichtete sein "Souvenir d'un soir d'automne au jardin Eden" in Gedanken an einen unglücklichen Freund, der sich auf den Marmorstufen der Kirch Santa Maria della Salute erschoss, nachdem sein Lover ihn ausgerechnet im Garten Eden verlassen hatte.) Rilke, Proust, Henry James sowie Gabriele d´Annunzio und seine Angebetete Eleonore Duse genossen kühle Schatten und Blütenfülle des Edenparadieses. Später ließ Friedensreich Hundertwasser das verwunschene Terrain sanft verwildern. Seine Wiener Nachlassstiftung hält den Garten unter Verschluss. Eine verwitterte Holzpergola, ein leeres Wasserbecken – mehr kann auch die Kunsthistorikerin Jenny Condie in ihrem Bildband "Die Gärten Venedigs und des Veneto" nicht vom Garten Eden zeigen. Aber sie erzählt seine Geschichte und hält den Wunsch wach, ihn zurückzugewinnen.

Samstag, 22. Februar 2014

200 Jahre Peter Schlemihl - neue Ausgaben und die erste Übersetzung ins Arabische

Von Michael Bienert - Pechvogel, Unglücksrabe, Taugenichts: Das waren die Assoziationen, die der Name Peter Schlemihl vor 200 Jahren auslöste, als der bis dahin erfolglose Dichter und angehende Naturforscher Adelbert von Chamisso sein später berühmtestes Werk beim Buchhändler Schrag in Nürnberg drucken ließ. Chamisso selbst hat die Herkunft des Namens so erklärt: „Schlemihl oder besser Schlemiel ist ein hebräischer Name und bedeutet Gottlieb, Theophil oder aimé de Dieu. Dies ist in der gewöhnlichen Sprache der Juden die Benennung von ungeschickten und unglücklichen Leuten, denen nichts in der Welt gelingt. Ein Schlemihl bricht sich den Finger in der Westentasche ab, er fällt auf den Rücken und bricht das Nasenbein, er kommt immer zur Unzeit.“ Langbeinig, linkisch und träge, so stellt der Autor die Figur am Anfang des Buches vor, aber: „Ich hatte ihn lieb.“
In einem polnischen Soldatenmantel mit Troddeln und Schnüren stolpert Schlemihl durch die Welt, in einer sogenannten Kurtka, wie sie um 1810 in Berlin unter den jüngeren Elegants angesagt war. „Der ganze Kerl wäre glücklich zu schätzen, wenn seine Seele nur halb so unsterblich wäre, als seine Kurtka“, so lautet ein von Chamisso kolportiertes Scherzwort. Heute wäre die Kurtka-Mode längst vergessen, wenn nicht Chamisso und seine Illustratoren sie unsterblich gemacht hätte. Der Schriftsteller selber hat solch ein Kleidungsstück gern getragen, auch noch als es verschossen und schon wieder aus der Mode war. Die Kurtka macht die literarische Figur als Alter Ego des Autors kenntlich. Weiterlesen im literaturblatt

Freitag, 21. Februar 2014

Max Herrmann - ein Gelehrtenleben in Berlin

"Die Opfer des Nationalsozialismus starben häufig in zwiefacher Form: zunächst physisch und anschließend ein zweites Mal durch den Mangel an Dokumenten und Schriftzeugnissen, die ihre Biographie zumindest retrospektiv erhellen könnten", schreibt Martin Hollender, der Chronist der Berliner Staatsbibliothek, im Vorwort seiner umfangreichen Biografie über den Germanisten und Theaterwissenschaftler Max Hermann. Er starb am 17. November 1942 hoch betagt im Lager Theresienstadt, nach Jahren des erzwungenen Vergessenwerdens, der Schikanierung und Ausplünderung unter dem NS-Regime. Anders als bei nichtjüdische Germanisten von Rang gibt es keinen Nachlass, nur eine postum aufgebaute Materialiensammlung zur Herrmanns Leben und Wirken in der Staatsbibliothek. Aber sein Biograf war unendlich fleißig und findig, das zeigt schon der flüchtige Blick auf die 44 Kapitel und 1120 Anmerkungen dieses Buches über ein äußerlich ereignisarmes, jedoch arbeitsames Gelehrtenleben in Kaiserzeit, Republik und als Verfemter unter der NS-Diktatur. Wegen seiner jüdischen Herkunft hatte Max Herrmann schon als junger Wissenschaftler mit antisemtischen Vorurteilen und Karriereblockaden zu kämpfen, was ihn vielleicht zusätzlich anspornte: Seine Hörer beschrieben ihn als unvergesslichen, charismatischen Hochschullehrer, der sich Respekt unter den Fachkollegen zu verschaffen wusste, aber auch über die Universität hinaus hoch geschätzt wurde. Herrmann gelang es, die Theaterwissenschaft im Berliner Universitätsbetrieb zu etablieren und ein eigenes Institut für sie zu gründen. Sein Biograf erzählt von der Karriere dieses wunderlichen, liebenswürdigen und etwas weltfremden Professors so geschickt, dass sie die Zeitumstände erhellt, dabei ist es durchaus ein Lesevergnügen, seiner Darstellung zu folgen. Verlegt hat das Buch die Staatsbibliothek zu Berlin, die ihren ehemaligen treuen Benutzer jedes Jahr durch die Vergabe des Max-Herrmann-Preises ehrt - an Persönlichkeiten, die sich um das Bibliothekswesen verdient gemacht haben. Im Bibliotheksshop des Hauses an der Potsdamer Straße kostet es nur 17 Euro, im Buchhandel 24 Euro.

Martin Hollender
Der Berliner Germanist und Theaterwissenschaftler Max Herrmann (1865-1942)
Leben und Werk
Beiträge aus der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Band 42
Berlin 2013
Gebunden, 380 Seiten, ISBN 978-3-88053-184-0

Wiederentdeckt: Das deutsche New York

Von Michael Bienert - Wenn es zwischen Staaten kriselt, tut es immer gut, sich zu erinnern, was ihre Bürger über die Tagespolitik hinaus verbindet. Insofern kommt dieses Buch zur rechten Zeit, gerade wegen der Abkühlung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses durch die NSA-Affäre. Es erzählt von der historisch gewachsenen Nähe zwischen Deutschen und US-Amerikanern, die leider durch zwei Weltkriege überschattet wurde und hierzulande etwas in Vergessenheit geraten ist. Fünf Millionen Deutsche wanderten im 19. Jahrhundert in die USA aus, die meisten via New York. So war die Boomtown am Hudson zeitweise die drittgrößten deutschsprachigen Stadt nach Berlin und Wien. Die Immigranten gründeten Brauereien, Theater und deutschsprachige Zeitungen. Weltfirmen wie die Klavierfabrik Steinway & Sons oder das Bankhaus Goldman Sachs gehen auf deutschen Unternehmergeist zurück, aber auch New Yorker Sehenswürdigkeiten wie das Kaufhaus Macy´s oder die von deutschen Ingenieuren erdachte Brooklyn Bridge. Bis zum Ersten Weltkrieg galten die Deutschen als besonders wertvolle und engagierte Einwanderer. Nach dem Kriegseintritt der USA schlug ihnen Misstrauen entgegen, deutsche Straßennamen wurden aus dem New Yorker Stadtbild getilgt, deutsche Firmen legten sich englisch klingende Namen zu, aus Angst, ihre Kunden zu verlieren. 
Von dieser Vergiftung der Atmosphäre hat sich das deutsche New York nie wieder erholt. Doch die Not im Deutschland der Zwischenkriegszeit, später die Verfolgung von Oppositionellen und Juden durch die Nazis sorgten dafür, dass der Zustrom nie ganz abriss. Kurt Weill, Hannah Arendt, Oskar Maria Graf fanden eine Zuflucht in New York, der Verleger Kurt Wolff gründete mit seiner Frau Helen die „Pantheon Books“ in New York. Helen Wolff vermittelte dem DDR-Flüchtling Uwe Johnson 1966 einen Job bei einem Schulbuchverlag, so konnte er zwei Jahre lang New-York-Eindrücke für seinen „Jahrestage“-Roman sammeln. Damit endet der lange kulturhistorische Bogen, den Ilona Stölken in ihrem aufwändig recherchierten, gut erzählten und reich bebilderten Buch schlägt. Zu schwer fürs Reisegepäck, aber eine anregende Entführung in die deutsch-amerikanische Vergangenheit.

Ilona Stölken, Das deutsche New York. Lehmstedt Verlag, Leipzig 2013. 280 Seiten, 29,90 Euro

Montag, 10. Februar 2014

Reichsforschungssiedlung online

Wohnblock von Fred Forbát in Haselhorst
Im Internet sind jetzt erstmals verlässliche Angaben über die ehemalige Reichsforschungssiedlung in Spandau zu finden. Sie basieren auf Michael Bienerts Buch Moderne Baukunst in Haselhorst und den monatelangen Recherchen dazu. Kurz dargestellt werden die Entstehung, Architektur, Geschichte und zehn Jahre dauernde Modernisierung der letzten großen Wohnsiedlung der Weimarer Republik in Berlin, sowie die (voraussichtlich im Sommer 2014 fertiggestellte) Museumswohnung in Haselhorst.

Freitag, 7. Februar 2014

Jörg Thiede beschenkt die Berlinische Galerie

Der Sammler Jörg Thiede vor einem Gemälde und
einem Foto von Kurt Hagemeister
aus seiner Schenkung
Die Berlinische Galerie erhält 73 Werke aus der Zeit um 1900 aus der Sammlung des Unternehmers Jörg Thiede. Michael Bienert berichtet darüber ausführlich im TAGESSPIEGEL. Hier lesen