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Freitag, 26. Januar 2018

Die Berliner Secession nach der Revolution

Das 1921 zum Theater am Kurfürstendamm umgewidmete
Secessionsgebäude am Kurfürstendamm 208/209. Was
noch davon da ist, wird 2018 komplett abgerissen.
Von Michael Bienert - Die Berliner Secession gilt als die bedeutendste Künstlervereinigung in der deutschen Hauptstadt vor dem Ersten Weltkrieg: Sie war Sammelbecken und die Ausstellungsplattform der „Modernen“, die künstlerische Ausdrucksformen jenseits der akademischen Kunst des Kaiserreichs suchten. Mit dessen Untergang verschoben sich die Fronten: Protagonisten der Berliner Secession wie Max Liebermann oder Käthe Kollwitz wurden in der Weimarer Republik zu Leitfiguren der Preußischen Akademie der Künste. In der Kunst- und Kulturgeschichtsschreibung der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg spielt die Secession daher nur noch eine Nebenrolle. In ihrem Buch Die Berliner Secession 1899-1937 verändert Anke Matelowki diese vertraute Perspektive auf den Gegenstand: Vier Fünftel des Buches widmen sich der Zeit zwischen dem Überlebenskampf der Secession nach dem Ersten Weltkrieg bis zum sang- und klanglosen Verschwinden aus dem NS-Kulturbetrieb nach der letzten dokumentierten Ausstellung im Jahr 1936. Die Secession stand in dieser Zeit nicht länger in lebendiger Opposition zu einer herrschenden Kunstrichtung, blieb aber ein lebendiger Interessenverband und ein Ausstellungsforum für fast alle modernen Kunstströmungen der Zeit. So waren Otto Dix und George Grosz in den Secessionsausstellungen vertreten, Bildhauerinnen wie Renée Sintenis und Milly Steeger, viele jüdische Künstler, aber eben auch die späteren Nazi-Staatsbildhauer Arno Breker und Josef Thorak. Akribisch hat Anke Matelowski über viele Jahrzehnte Dokumente zusammengetragen, nicht nur in der Akademie der Künste, wo sie als Archivmitarbeiterin an der Quelle sitzt, sondern in zahllosen Archiven. Das Ergebnis ist ein wissenschaftliches Standardwerk zum Auf und Ab im Berliner Kunstleben der Weimarer Republik, denn nicht nur die Geschichte der Secession wird nacherzählt, ebenso werden ihre Stellung innerhalb des Kunstbetriebs, ihre Beziehungen zu anderen Künstlervereinigungen und die wirtschaftliche Situation der Künstler generell beleuchtet. Der Schweizer Nimbus-Verlag hat ein schönes Kunstbuch aus diesem Werk der kunst- und kulturwissenschaftlichen Grundlagenforschung gemacht, das auch einen gewichtigen Beitrag zur Berlin-Forschung darstellt.

Anke Matelowski
Die Berliner Secession 1899-1937
Chronik, Kontext, Schicksal
Wädenswil 2017
680 Seiten, 68 Euro
ISBN 978-3-03850-033-9
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